Lachet gegen Schulz : Was steckt hinter dem Streit zwischen den Kanzlerkandidaten?
Freitag 17.September.2021 - 06:21
Zwei Ministerien wurden vergangene Woche von der Staatsanwaltschaft Osnabrück durchsucht. Die Ermittlungen sind zum Wahlkampfthema geworden – es gibt einen deutlichen Riss zwischen den Parteien.
Wie t-online berichtet : Die Razzien in den SPD-geführten Finanz- und Justizministerien sorgen für Aufsehen. Die Ermittlungen richten sich gegen die Geldwäsche-Zentrale des Zolls - doch SPD und CDU überschütten sich gegenseitig mit Vorwürfen. SPD-Kanzlerkandidat und Finanzminister Olaf Scholz musste sich heute im Finanzausschuss des Bundestages zu den Durchsuchungen äußern.
Die Union wirft Scholz persönliches Versagen vor. Er spürt einen politisch motivierten Prozess kurz vor der Wahl. Im TV-Prozess von ARD und ZDF hatten Laschet und Scholz einen intensiven Schlagabtausch zu dem Thema, ein weiterer könnte an diesem Sonntag folgen. Aber worum geht es genau? Ein Überblick.
Die Staatsanwaltschaft Osnabrück ermittelt gegen Mitarbeiter der FIU, einer Sondereinheit für Geldwäscherei des Zolls, die dem Finanzministerium von Scholz zugeordnet ist. Mitarbeiter der FIU sollen Informationen über Geldwäsche zur Terrorismusfinanzierung nicht rechtzeitig an die Ermittler weitergegeben haben.
In diesem Zusammenhang wollte die Staatsanwaltschaft Osnabrück den E-Mail-Verkehr zwischen der FIU und dem Finanzministerium sehen. Die Ermittler waren auch an einem schriftlichen Austausch zwischen dem Finanz- und dem Justizministerium interessiert. Am Donnerstag vergangener Woche durchsuchten die niedersächsischen Ermittler deshalb die beiden Ministerien.
Die umstrittenen Durchsuchungen kurz vor der Bundestagswahl waren offenbar nicht das Ergebnis einer Initiative der ermittelnden Polizisten. Nach "Spiegel"-Informationen reagierten die niedersächsischen Polizeibeamten verwundert, als sie Anfang August von der geplanten Maßnahme erfuhren.
Sie sahen zu diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit, die Berliner Ministerien zu durchsuchen. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft bestätigte dem "Spiegel" den Alleingang: "Der Antrag auf strafprozessuale Maßnahmen obliegt allein der Staatsanwaltschaft."
In vergleichbaren Verfahren erlässt häufig die Polizei Durchsuchungsbefehle. Die Ermittlungen gegen die FIU waren für die Polizei jedoch nicht besonders dringlich. Es gab kein separates Ermittlungsteam oder eine Sonderkommission. Zu Beginn kümmerte sich nur ein einziger Beamter um das Verfahren. Von den 150.000 bei der FIU beschlagnahmten E-Mails wurde bisher nur ein Bruchteil eingesehen.
Welche Vorwürfe werden jetzt laut?
Das Justizministerium hat der Staatsanwaltschaft Osnabrück nach eigenen Angaben die angeforderten Unterlagen lange vor der Durchsuchung angeboten. Das habe ein Abteilungsleiter bei einem Anruf einer Osnabrücker Staatsanwaltschaft deutlich gemacht, sagte eine Ministeriumssprecherin der Deutschen Presse-Agentur. "Aber er bat darum, sich an die formellen Dienstwege zu halten, anstatt Dokumente auf Abruf über das Telefon auszuhändigen."
Die Staatsanwaltschaft stellte dieses Telefonat so dar, dass das Justizministerium die Herausgabe der Unterlagen zunächst verweigerte und auf "den großen Amtsweg" verwies. Die Ermittler hätten die Kooperationsbereitschaft des Ministeriums kritischer bewertet, sagte ein Sprecher der dpa. So wurde beschlossen, die Durchsuchungen in beiden Häusern zu beantragen und durchführen zu lassen.
Justizministerium und Staatsanwaltschaft waren sich einig, dass die Ermittler die fraglichen Unterlagen – nach gemeinsamer Durchsicht – problemlos einsehen und mitnehmen konnten. Die "Süddeutsche Zeitung" berichtete, dass die Besucher aus Osnabrück im Aktionsformular sogar "Eine Suche hat nicht stattgefunden" angekreuzt. Auch im Finanzministerium sind die Ermittler wohl auf kooperative hochrangige Mitarbeiter gestoßen. Sie hätten sogar das Recht erhalten, von außen auf die elektronischen Akten zuzugreifen, berichtete "tagesschau.de".
Worum geht es in der umstrittenen Pressemitteilung?
Auch eine Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft kam in die Diskussion. Darin nannte die Behörde auch als Ziel, zu untersuchen, "ob und ggf. inwieweit die Leitung und die Ressortverantwortlichen sowie übergeordnete Stellen in die Entscheidungen der Stabsstelle FIU eingebunden waren". Es wird jedoch tatsächlich nur gegen Mitarbeiter der FIU ermittelt. Scholz hatte demnach mehrfach betont: "Das hat nichts mit den Ministerien zu tun, in denen es stattgefunden hat."
Der Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte, die Nachricht solle deutlich machen, dass die Ermittlungen "in alle Richtungen ergebnisoffen" seien. In der Debatte steht auch, warum die Durchsuchung erst am 9. September durchgeführt wurde, obwohl der Durchsuchungsbefehl zu diesem Zeitpunkt bereits einen Monat alt war.