Merkel ÜBER AFGHANISTAN-FLÜCHTLING : Man kann nicht alle Probleme lösen, indem wir Menschen aufnehmen
Donnerstag 22.Juli.2021 - 09:12
Nach 16 Jahren Kanzlerschaft stand Angela Merkel (66, CDU) am Donnerstag wohl zum letzten Mal der versammelten Hauptstadtpresse in der Bundespressekonferenz in Berlin Rede und Antwort.
Sonst ist die traditionelle Sommer-Pressekonferenz eher eine gefühlige Runde, bei der die Kanzlerin mit ihrem trockenen Humor punkten kann.
Wie Bild Zeitung berichtet hat : Von BILD gefragt, ob sie – wie schon 2015 – Deutschland in einer moralischen Verpflichtung sieht, vor den Taliban-Terroristen fliehende Afghanen aufzunehmen, sagte Merkel: „Wir haben auch schon sehr viele afghanische Flüchtlinge aufgenommen, aber ich glaube, man muss sagen, wir müssen anders an die Sache herangehen.“ Man müsse die „politischen Verhandlungen in Afghanistan voranbringen“, damit die Menschen vor Ort „möglichst in Frieden“ leben können.
Merkels knallhartes Fazit:„Aber wir können sicherlich nicht alles, was in Afghanistan an Schwierigem passiert, jetzt als Deutschland wieder kompensieren.“ Denn: Nicht alle Probleme „können wir dadurch lösen, dass wir die Menschen aufnehmen“.
Eine historische Wende! Wurde Merkels Kommunikation in der Flüchtlingskrise 2015 von vielen Menschen auf der Welt geradezu als Einladung verstanden, nach Deutschland zu kommen, ist die Haltung der Kanzlerin nun eine andere: Kommt NICHT nach Deutschland!
Zuvor gab Merkel bekannt, dass Afghanen, die seit 2013 für die Bundeswehr gearbeitet hatten und nun den Taliban ausgeliefert sind, nach Deutschland kommen dürfen. Dabei könnten auch Charterflüge eingesetzt werden, um die Menschen aus dem Land zu holen.
Aber: Die große Masse der Menschen wird Deutschland, wenn es nach Merkel geht, NICHT aufnehmen. Es ist eine deutliche Absage an Flüchtlinge aus Afghanistan.
Teile Deutschlands hätten durch das Hochwasser „schreckliche Verwüstungen“ erlebt, sagte die Bundeskanzlerin. „Wir trauern zum jetzigen Zeitpunkt um 170 Menschen. Es gibt immer noch Vermisste. Der Sachschaden muss zwar noch festgestellt werden, aber er ist immens“, erklärte Merkel.
Die Bundesregierung habe daher eine Soforthilfe von 200 Millionen Euro bereitgestellt – und würde diese bei Bedarf auch aufstocken. „Wir werden zur Behebung all dieser Schäden einen langen Atem brauchen“, so Merkel weiter.
In den kommenden Tagen und Wochen werde die Bundesregierung zusammen mit den Ministerpräsidenten der betroffenen Länder darüber sprechen, wie ein gemeinsamer Wiederaufbau-Fonds organisiert werden könne, um den Menschen vor Ort zu helfen.
Die steigenden Corona-Zahlen in Deutschland haben in den Augen Merkels eine „deutliche und besorgniserregende Dynamik“. Sie sagt weiter: „Der R-Faktor bleibt beständig über 1. Wir haben ein exponentielles Wachstum.“ Deshalb warb Merkel inständig für die Impfung.
„Jede einzelne Impfung zählt. Jede einzelne Impfung einer einzelnen Person ist ein kleiner Schritt zur Normalität für alle“, so Merkel in der Bundespressekonferenz. Eine Impfung schütze dabei nicht nur gut vor schwerer Krankheit und Schmerz, sondern auch vor den beschränkenden Maßnahmen des Alltags.
Ihr Credo: „Je mehr geimpft sind, umso freier werden wir wieder sein. Nicht nur jeder Einzelne, sondern auch als Gemeinschaft.“
Merkel bezeichnet es als „sehr kritisch“, dass die EU sich noch nicht auf eine gemeinsame Asyl-Politik geeinigt hat. „Das ist etwas, was in den nächsten Jahren unbedingt gelöst werden muss.“ Ansonsten sorge dies weiter für Spannungen in der Union.
Merkel räumt ein, dass das Tempo beim Klimaschutz in Deutschland und weltweit noch nicht ausreicht. „Ich bin der Meinung, dass ich sehr viel Kraft für den Klimaschutz aufgewendet habe“, sagt die Kanzlerin. „Trotzdem sehe ich, dass man schneller werden muss.“ Aber: „Wir alleine werden das Weltklima nicht verändern können.“ Sie fügte hinzu: „Aber die Art und Weise, wie wir es machen, kann Beispiel sein für andere, dem zu folgen.“
Was meine Amtszeit schon immer durchzogen hat, ist, dass wir halt nicht alleine mit nationaler Politik unsere Herausforderungen bewältigen können, sondern dass wir Teil einer Weltgesamtheit sind, und das ist ja auch das Thema, das wir beim Klima sehen“, so Merkel. In ihrer 16-jährigen Amtszeit hat die Bundeskanzlerin aus eigener Sicht nur Krisen zu bewältigen gehabt, die ihre Ursachen nicht in Deutschland hatten. Die CDU-Politikerin zählt dazu die Finanzkrise von 2007, die Euro-Rettung, die sogenannte Flüchtlingskrise von 2015, den Klimawandel und die Corona-Pandemie.