Scholz und Söder in Bayern : "Unglaublicher Weckruf der Natur"
Mittwoch 21.Juli.2021 - 08:11
Während in Sachsen wohl Hochwasservorrichtungen Schlimmeres verhindert haben, ist in Bayern noch keine Entspannung der Lage in Sicht. Ministerpräsident Söder und Bundesfinanzminister Scholz zeigten sich betroffen über das Ausmaß der Zerstörung.
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat bei einem Besuch im Berchtesgadener Land rasche Hilfe angekündigt. "Wir lassen da niemanden allein, ganz sicher nicht", sagte Söder in Schönau am Königssee. Unabhängig von in Aussicht gestellten Hilfen des Bundes werde man auch in Bayern überlegen, wie man helfen könne. "Wir trauern um alle Opfer, wir beten mit den Angehörigen, wir wünschen allen, die noch betroffen sind, alles Gute."
In den letzten Tagen habe Deutschland einen unglaublichen Weckruf der Natur erlebt, so Söder weiter. "Das Klima verändert sich und das hat Folgen. Starkwetterereignisse nehmen zu." Er kündigte für die kommende Woche eine Regierungserklärung zum Thema Klimaschutz an. Man müsse beim Kampf gegen den Klimawandel und die Anpassung an die Folgen schneller vorankommen.
Zusammen mit Söder war auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz in das betroffene Gebiet gekommen, um sich ein Bild der Lage zu machen. Er versprach eine schnelle Hilfe des Bundes. Man orientiere sich bei den Soforthilfen an der letzten Flut, also an etwa 400 Millionen Euro, sagte Scholz. "Wir sind bereit, unseren Anteil zu leisten."
Angesichts des Klimawandels sei es besonders wichtig, dass Deutschland ein klimaneutrales Industrieland werde. Sonst würden die Menschen solche Katastrophen immer wieder treffen, so Scholz weiter.
Nach starkem Regen hatte der Landkreis Berchtesgadener Land in Oberbayern am späten Samstagabend den Katastrophenfall ausgerufen. Die Feuerwehr war nach sintflutartigem Regen im Dauereinsatz. Nach Angaben des Landrats Bernhard Kern (CSU) gab es zwei Todesopfer. Ein Opfer sei allerdings an einer natürlichen Ursache verstorben. Aber auch das könne mit dem Unwetter zusammenhängen, sagte Kern.
Rund 890 Hilfskräfte sind im Berchtesgadener Land derzeit im Einsatz. Der Einsatzleiter sprach von dramatischen Szenen. Es habe bis zu 500 Einsätze gegeben. Die Einsatzkräfte mussten rund 135 Menschen aus ihren Häusern holen und in Sicherheit bringen. Die Lage bleibt angespannt, denn die nächste Regenfront ist bereits angekündigt.
Der Schaden, den das Unwetter angerichtet hat, ist nach Aussagen Kerns noch nicht abzuschätzen. Einer der Schadensfälle betrifft ein sportliches Wahrzeichen, berichtet der BR. Demnach ist die Bob- und Rodelbahn in Schönau am Königssee durch das schwere Unwetter in der Nacht zerstört worden. Teile der Weltcup-Bahn wurden von den Wassermassen weggerissen und zerstört, wie auf Bildern und Videos zu sehen ist. Die Bahn ist mehr als 1500 Meter lang.
Betroffen sind vor allem die Orte Berchtesgaden, Bischofswiesen, Schönau am Königssee, Marktschellenberg und Ramsau im äußersten Südosten Bayerns. In Marktschellenberg war dem Landratsamt zufolge der Ortsteil Scheffau von der Außenwelt abgeschnitten. "Es kommen ständig Notrufe rein", sagte ein Polizeisprecher in Rosenheim.
Die Lage sei dramatisch, sagte ein Sprecher der Integrierten Leitstelle Traunstein. Das Wasser schieße aus den Bergen, gleichzeitig stiegen die Pegelstände des Flusses Ache an. Bilder zeigen Straßen, die sich in reißende Bäche verwandeln. Menschen wateten knietief im Wasser.
In den Hochwassergebieten bleiben am Montag die Schulen und Kitas geschlossen. Es werde eine Notbetreuung geben, teilte das Landratsamt Berchtesgadener Land mit. Ob die Einrichtungen in den Orten Berchtesgaden, Bischofswiesen, Marktschellenberg, Ramsau und Schönau am Königssee auch am Dienstag geschlossen bleiben müssten, sei noch nicht absehbar. Dies diene zum einen der Sicherheit der Kinder, hieß es als Begründung.
Vor allem sollen aber die passierbaren Straßen frei gehalten werden, damit die Einsatzkräfte mit ihren schweren Geräten reibungslos durchkommen könnten.
Auch in Passau stiegen die Wasserstände der Flüsse deutlich an. Die Polizei schleppte vorsorglich Autos an Parkplätzen an der Donau ab, wie eine Sprecherin sagte. Anwohner hätten trotz Hochwasserwarnungen versäumt, ihre Fahrzeuge umzuparken. "Wenn wir sie nicht abschleppten, dann schwimmen die Dinger bis Österreich", sagte die Polizeisprecherin.
Im oberbayerischen Landkreis Altötting steigen die Pegelstände an der Salzach aufgrund der starken Regenfälle im Berchtesgadener Land und Österreich. In der Stadt Burghausen wurden Wasserstände über Meldestufe 3 prognostiziert, sodass auch bebautes Gebiet überschwemmt werden könnte.
Auch für die Landeshauptstadt München und Umgebung besteht Hochwassergefahr, wie der BR berichtet. Am Pegel München/Isar werde am frühen Sonntagnachmittag die Meldestufe 1 überschritten, am Montag könne auch kurzzeitig die Meldestufe 2 überschritten werden, teilte der Hochwassernachrichtendienst Bayern mit.