Herausgegeben vom CEMO Centre - Paris
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Merkels letzter Auftritt bei der NATO

Montag 14.Juni.2021 - 11:48
Die Referenz
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Für Kanzlerin Merkel wird der NATO-Gipfel der letzte Auftritt in dieser Runde sein. Sie will mehr für Sicherheit tun, doch Experten halten das Deutschland bei der Rüstungspolitik für "unkalkulierbar". Brüssel - Tagesschau : Von Birgit Schmeitzner, ARD-Hauptstadtstudio, zurzeit Brüssel Für Angela Merkel ist es das elfte NATO-Treffen in ihrer Amtszeit als Bundeskanzlerin - und zugleich ihr Abschied von dieser Runde der Staats- und Regierungschefs. Die meisten Teilnehmer hat sie gerade erst am Wochenende in Carbis Bay beim G7-Gipfel gesehen und dort im eher informellen Rahmen auch mit US-Präsident Joe Biden gesprochen. Für Merkel bedeutet eine gute transatlantische Partnerschaft "auch Verlässlichkeit der Partner untereinander". Das hat sie unlängst bei einer Veranstaltung der Unionsfraktion betont und auch ein Beispiel genannt: das auch von ihr 2014 beschlossene Zwei-Prozent-Ziel - also das Versprechen aller Mitgliedsstaaten, ihre Verteidigungsausgaben in Richtung zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes anzuheben. US-Präsident Biden wird die Alliierten beim NATO-Gipfel in Brüssel an ihre Selbstverpflichtung erinnern. Umso mehr, weil sich die USA strategisch neu ausrichten. Sie nehmen Asien mehr in den Blick - vor allem China, das zur militärischen Weltmacht aufsteigt. Merkel weiß, dass Biden die NATO schätzt, dass er anders als sein Vorgänger Donald Trump ein bekennender Transatlantiker ist. Man sei "back in business", sagt Merkel, aber sie schränkt ein: Das sei etwas ganz anderes als "business as usual". Europa werde künftig mehr für die eigene Sicherheit tun müssen. Eine Herausforderung, die die EU und Deutschland ihrer Ansicht nach selbstbewusst und offen annehmen sollten. Die Bundeskanzlerin und die anderen Gipfelteilnehmer werden ein neues strategisches Konzept in Auftrag geben, das aktuelle stammt aus dem Jahr 2010. Der frühere Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) hatte damals an den Empfehlungen mitgearbeitet. Die Kernpunkte beschrieb er kürzlich bei einer Veranstaltung der Deutschen Atlantischen Gesellschaft so: Eine unmissverständliche Haltung zu Russland nach dem Motto "Abschreckung UND Dialog", eine strategische Betrachtung der neuen Technologien, dazu Fragen wie: Welche Folgen hat die Erderwärmung, was passiert im Weltraum? Die NATO muss nach Ansicht von de Maizière "wieder relevant werden, sie soll ein echtes Forum für Sicherheitspolitik werden und nicht in Ritualen erstarren". Der CDU-Politiker plädiert außerdem für mehr informelle Treffen, besser lesbare Dokumente und "keine übertriebene Geheimhaltung". De Maizère hält ganz grundsätzlich eine "sichtbare Debatte in der Öffentlichkeit" für nötig, angestoßen von der Bundesregierung. Sie müsse den Bürgern klar machen, "warum die NATO eine unverzichtbare Lebensversicherung unserer Freiheit ist". Solche Debatten kommen in Deutschland kaum auf, auch Bundeskanzlerin Merkel hat in ihren Regierungsjahren verteidigungspolitische Fragen selten auf die Tagesordnung gehoben. Die Annexion der ukrainischen Krim durch Russland im Jahr 2014 und der Krieg im Osten der Ukraine hat allerdings der Frage nach der Sicherheit in Europa wieder mehr Aufmerksamkeit beschert. Das deutsche Verteidigungsbudget ist gestiegen, und die NATO nimmt die Bündnisverteidigung wieder in den Fokus. Claudia Major, Sicherheitspolitik-Expertin der Stiftung Wissenschaft und Politik, hält die Reformvorschläge für richtig - fragt sich allerdings, ob das Verteidigungsbündnis für einen derart "tiefen Eingriff in die DNA der NATO" überhaupt noch genug Zeit hat. Major gibt zu bedenken, dass ein kultureller und strategischer Wandel nur im Lauf einer Generation zu schaffen ist. Letztlich sei die NATO immer "nur so stark, wie die Mitgliedstaaten sie machen". Die Sicherheitspolitik-Expertin spricht davon, dass sich Alliierte nicht immer "entsprechend engagiert haben" und sie nennt zwei Beispiele: die Türkei und Ungarn. Die NATO müsse überlegen, welche Anreize die NATO ihnen geben könnte. Deutschland ist Major zufolge ebenfalls nicht immer ein leichter Partner. Bei den großen deutsch-französischen Rüstungsprojekten etwa gelte Berlin als "unkalkulierbar". Auch das muss Bundeskanzlerin Merkel bei ihrem letzten NATO-Gipfel bedenken.
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