Nord Stream 2 : Die USA wollen Fertigstellung um jeden Preis verhindern
Sonntag 11.April.2021 - 11:17
Im Streit um die Gaspipeline Nord Stream II sind die USA nicht kompromissbereit, betont die US-Botschaft in Berlin. Die Bundesregierung setzt das unter Druck.
Die Hoffnungen der Bundesregierung auf eine Einigung mit den USA über die umstrittene Gaspipeline Nord Stream 2 haben einen weiteren Dämpfer erhalten. Die amerikanische Regierung unter Joe Biden machte nun auch gegenüber der deutschen Öffentlichkeit deutlich, dass sie keine Möglichkeit für Kompromisse oder Koppelgeschäfte sieht, die den Widerstand der USA gegen das Projekt brechen würden. Die neue Regierung in Washington sei „entschlossen, alle zur Verfügung stehenden Hebel einzusetzen, um die Fertigstellung von Nord Stream 2 zu verhindern“, sagte der Sprecher der US-Botschaft in Berlin, Joseph Giordono- Scholz, dem Tagesspiegel.
Er antwortete damit auf die Frage, welche möglichen Angebote der Regierung in Berlin den Konflikt entspannen könnten. Biden steht bei diesem Thema zudem unter Druck des US-Kongresses, in dem Politiker der Demokraten und der Republikaner ein hartes Vorgehen gegen Nord Stream 2 verlangen.
Vertreter Deutschlands sondieren nach US-Medienberichten in Washington, ob Zugeständnisse in Handelsfragen oder das Angebot deutscher Investitionen in erneuerbare Energie in der EU und in der Ukraine die US-Seite besänftigen könnten. Das Auswärtige Amt machte auf die Frage nach möglichen Angeboten oder Kompromissen keine Angaben. Der Sprecher der US-Botschaft kündigte an: „Wir werden weiterhin jede Organisation registrieren, die an möglicherweise durch Sanktionen belegten Aktivitäten beteiligt ist, und haben deutlich gemacht, dass jedes Unternehmen Sanktionen riskiert, wenn es sich an Nord Stream 2 beteiligt.“
Sowohl Präsident Biden als auch Außenminister Antony Blinken haben einen Stopp des in ihren Augen gefährlichen Pipeline-Baus verlangt. „Es ist ein geopolitisches Projekt Russlands, das Europas Energiesicherheit ebenso bedroht wie die der Ukraine und der östlichen Nato- Partner“, sagte der Botschaftssprecher. Dieses Urteil werde „von manchen unserer europäischen Partner und sogar von einigen ernst zu nehmenden Stimmen in Deutschland geteilt“.
Die Bundesregierung ist bei der Verteidigung des Projekts dazu übergegangen, dem US-Partner doppelte Standards im Umgang mit Russland vorzuwerfen. So zielte Außenminister Heiko Maas (SPD) bei einer Debatte über Nord Stream 2 im Bundestag Mitte Februar auf die USA, auch wenn er sie namentlich nicht erwähnte. „Es gibt ja Länder, die von uns die Einstellung der Bauarbeiten verlangen, obwohl sie selber zur gleichen Zeit ihre Schweröltransporte oder -importe aus Russland erhöhen“, sagte er. Hintergrund der Vorwürfe sind offizielle US-Zahlen, wonach das Volumen russischer Rohöllieferungen in das Land von Jahr zu Jahr wächst und Russland unter den Öllieferanten der USA mittlerweile Platz drei belegt. Nach unabhängigen Berechnungen betrug der Anteil russischer Lieferung an der US-Ölnachfrage über viele Jahre weniger als 0,5 Prozent, stieg aber im vergangenen Jahrzehnt und erreichte im vergangenen Jahr einen Rekordwert von sieben Prozent.
In diesen Zusammenhang gehört auch ein Papier aus der Wirtschaftsabteilung des Kanzleramts, das große Investitionsprojekte westlicher Staaten in Russland auflistet. Damit soll das Argument entkräftet werden, es handle sich bei Nord Stream II um einen deutschen Alleingang. Der Auflistung aus dem Februar nach sind US-Firmen unter anderem an der Errichtung und dem Betrieb eines Komplexes für „Liquid Natural Gas“ im Nordwesten Sibiriens („General Electric“) beteiligt.