Bayern wieder mit Sonderweg? Söder offenbar schon vor Gipfel überstimmt - bei Notbremse wird er laut
Dienstag 23.März.2021 - 01:06
Berlin - Merkur - Der Corona-Gipfel mit Angela Merkel und Markus Söder hat begonnen. Doch schon vorab mussten beide eine Schlappe einstecken. Alle News und Entwicklungen hier live aus bayerischer Sicht.
Und es ist offiziell. So lange ging es noch nie ohne Ergebnis in den Abend. Das letzte Mal starteten Merkel, Söder und Müller um kurz nach halb zwölf in ihre Pressekonferenz. Dieser Rekord wurde soeben auch gebrochen. Wir bleiben wach und dran. Man wolle die Gespräche „zumindest vor Mitternacht“ wieder aufnehmen, hat ein ntv-Reporter gerade von einem Gipfel-Teilnehmer erfahren.
Offenbar scheinen die Gipfel-Teilnehmer bestrebt zu sein, ihre eigenen Rekorde zu brechen. Die von Merkel verordnete und immer noch andauernde Gipfel-Pause ist jetzt schon die längste aller bisherigen Corona-Gipfel. Möglicherweise haben die Regierungs-Chefs auch den Ehrgeiz, einen weiteren Rekord zu brechen. Beim letzten Corona-Gipfel starteten sie so spät wie noch nie zur Pressekonferenz, nämlich Gut möglich, dass man das heute toppen will. Bisher jedenfalls zeigen die Kameras nur leere Stühle im Kanzleramt. Schade aus bayerischer Sicht: Markus Söder verhält sich heute bemerkenswert unauffällig, nachdem er am 3. März für nie dagewesene Eklats gesorgt hatte. Er solle nicht so „schlumpfig“ grinsen, warf Söder unter anderem Vize-Kanzler Scholz an den Kopf.
Die Länder beraten und beraten, alle anderen warten, warten, warten. Merkel waren die Maßnahmen nicht scharf genug. Sie unterbrach die Verhandlungen. Im kleinen Kreis wollten sich nach Informationen der Bild dann die Gipfel-Teilnehmer zusammensetzen, um vielleicht doch noch zu härteren Maßnahmen zu kommen. Mit dabei: Merkel, Vize-Kanzler Scholz, Berlins regierender Bürgermeister Müller und Markus Söder. Nach aktuellen Informationen von ntv, scheint aktuell die Tendenz zu sein, viele Entscheidungen einfach den Ländern selbst zu überlassen. Also Lockerungen an Ostern oder Ausgangssperren. Das käme dann einer Kapitulation der Kanzlerin gleich. Und Söder kann morgen frei seinen eigenen Plan für Bayern durchsetzen. Wobei: Es kann dem Hardliner Söder nicht unbedingt recht sein, dass er in München scharfe Lockdown-Regeln durchsetzt, während in den Nachbarländern Läden und Biergärten öffnen. Das könnten ihm die Bayern übel nehmen. Ob er sich mit härteren Maßnahmen durchsetzen kann, bleibt, genau, abzuwarten.
Wann die Gipfel-Verhandlungen zu Ende sind - völlig offen. Zur Erinnerung: Beim letzten Mal verhandelten die Ministerpräsidenten und die Kanzlerin fast bis Mitternacht. Mehrere Medien berichten, dass Angela Merkel entnervt eine Pause verordnet hat. Klar ist bisher: Der Lockdown wird bis 18. April verlängert und an Ostern wird es keine Sonderregeln geben. Was das für Bayern weiter heißt, wird sich spätestens morgen um 12 Uhr zeigen. Da will Markus Söder nach einer Kabinettssitzung vor die Presse treten und die neuen Corona-Regeln für Bayern verkünden. Wir werden auch da freilich wieder wie heute live berichten mit Live-Stream und Ticker.
Die Verhandlungen laufen bereits auf Hochtouren. Dem Vernehmen nach ist Söder nun mit Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) aneinandergeraten. Letzterer schlug offenbar vor, die Notbremse bei einer Überschreitung der 100er-Inzidenz fürs ganze Bundesland anzuziehen. Also drastische Verschärfungen der Corona-Maßnahmen für alle Kreise und Städte, auch die, die eigentlich eine gute Inzidenz aufweisen können. Söder soll laut ntv massiv widersprochen haben. Er wolle die Notbremse klar auf der Landkreisebene belassen, damit Regionen mit niedrigeren Inzidenzen offen bleiben können. Aktuell hat der Freistaat Bayern eine Inzidenz von rund 105.
Die Spiele haben begonnen - mit über einer Stunde Verspätung. Aber inzwischen ist auch Markus Söder im Kanzleramt angekommen. Die Verhandlungen laufen. Wie lange, bleibt abzuwarten. Zu Beginn krachte es offenbar schon bei den Vorverhandlungen gewaltig, deshalb die Verspätung. Nach Informationen von Business Insiderwurden in letzter Minute die Ausgangssperren wieder aus der Beschlussvorlage von Bund und Ländern gestrichen. Heute Morgen standen die noch drin. Dem Vernehmen nach waren sie sowohl vom Kanzleramt als auch von bayerischer Seite als probates Mittel gegen die dritte Welle favorisiert worden.
Doch der Aufschrei in den anderen Ländern war offenbar zu groß, sodass die Idee schon vor Beginn der Ministerpräsidentenkonferenz gestrichen wurde. Schlappe für Söder in der ersten Runde? Vielleicht. Andererseits steht der Termin für die bayerische Auslegung der heutigen Beschlüsse schon fest: Morgen um 10 Uhr will Söder mit seinen Ministern über die aktuellen Corona-Maßnahmen sprechen. Gut möglich, dass der Franke im Freistaat wieder im Alleingang strengere Regeln, inklusive Ausgangssperre durchsetzt.
Am heutigen Montag war Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) zu Gast bei dem Münchner Radiosender Charivari. Dort stellte er sich den Fragen der Hörer. Er habe Verständnis für die Corona-Müdigkeit der Bürger. Wann sich die Situation bessere, könne er aber nicht sagen. Er setze weiterhin auf die Strategie aus Schutzmaßnahmen, Testen und Impfen. Außerdem bestätigte er noch einmal, dass Hausärzte ab 1. April in Bayern gegen Corona impfen werden. Zunächst sei aber die Menge an Impfstoff der „Flaschenhals“. Erst Ende April würden wohl genügend Dosen vorrätig sein.
Die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KBV) sieht sich für die Impfung gegen Corona ab 1. April gut gerüstet. In einer Pressemitteilung hieß es, die niedergelassenen Haus- und Fachärzte seien „gewappnet für die Mammutaufgabe“. Voraussetzung sei allerdings die ausreichende Versorgung mit Impfstoff. Die Impfdosen sollten über Großhandel und Apotheken an die Arztpraxen verteilt werden, forderte die KVB. Diese sollten dann bei den Impfungen möglichst selbst über Termine und Priorisierung von Patienten entscheiden, die Dokumentation müsse dabei „so einfach und unbürokratisch wie möglich“ sein.
In der Beschlussvorlage zur Ministerpräsidentenkonferenz, die dem Merkur vorliegt, steht auch eine Passage, welche die Kontakte an Ostern regeln soll. So wird es ähnlich wie an Weihnachten vom 2. bis zum 5. April möglich sein, sich mit vier weiteren Personen (Kinder unter 14 Jahren ausgenommen) außerhalb des eigenen Hausstands zu treffen. Diese Personen müssen aber dem engsten Familienkreis angehören. Dazu zählen Ehegatten, Lebenspartnern und Partnern einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft sowie Verwandten in gerader Linie, Geschwistern, Geschwisterkindern und deren jeweiligen Haushaltsangehörige. In der Beschlussvorlage steht weiter, dass die Menschen vor dem Treffen, einen Selbsttest oder einen kostenlosen Schnelltest in einem Testzentrum durchführen sollten. Dies würde erheblich zum Infektionsschutz beitragen.
Der Inzidenzwert in Deutschland gibt auch am Gipfel-Montag nicht viel Grund zu Optimismus. Er ist noch einmal gestiegen und liegt jetzt bei 107,3 (Vortag: 103,9). Bayern liegt sogar über dem deutschen Durchschnitt mit 110,7 (Stand: 22. März, 3.28 Uhr, RKI). Kein gutes Vorzeichen für die Verhandlungen der Landeschefs mit der Kanzlerin heute in Berlin. Die langersehnten Lockerungen und Öffnungen rücken in immer weitere Ferne.
Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) spricht schon seit Tagen mehr von einer „Corona-Notbremse“ als von Öffnungsperspektiven. Am Sonntag mahnte er in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ noch einmal eindringlich vor den steigenden Corona-Zahlen. „Klar ist, die Inzidenzen steigen, und die Gefahren sind relativ groß, dass es wieder in die Krankenhäuser hinein wächst. Wir sind in einer gefährlichen Situation und müssen aufpassen, dass aus einer dritten Welle keine Dauerwelle kommt.“ Damit sich der Lockdown nicht noch bis in den Sommer hineinzieht, müsse man jetzt konsequent handeln, so der CSU-Chef. „Was für mich ganz wichtig ist, dass wir die Notbremse hart machen.“ In einigen Bundesländern werde das noch relativ locker gehandhabt. „Da müssten wir uns morgen glaube ich, klar darauf verständi.