Herausgegeben vom CEMO Centre - Paris
ad a b
ad ad ad

Auf Wunsch Empörung: So sorgt China in Deutschland für "Ordnung"

Sonntag 14.März.2021 - 10:59
Die Referenz
طباعة

Verlag unter Druck - erfolgreich. Nun berichtete eine in Deutschland lebende Chinesin dem BR, wie "Empörung" erzeugt werden sollte: Mit Aufrufen in Chatgruppen - doch nur zehn von 171 Usern reagierten.


wie BR 24 geschrieben Die chinesische Gemeinde in Deutschland sei "verärgert", hieß es letzte Woche in einer Mitteilung auf einer halboffiziellen Seite des "China Internet Information Centers". Grund dafür war ein einziger Satz in dem im Juni vergangenen Jahres erschienenen deutschen Kinderbuch "Ein Corona-Regenbogen für Anna und Moritz", wonach das Corona-Virus aus China stamme und sich von dort ausgebreitet habe. Das will das offizielle China nicht wahrhaben, kündigte sogar eine Strafanzeige an und erreichte letztlich, dass der Carlsen-Verlag einknickte. Das Buch wurde zurückgezogen und soll ohne den beanstandeten Satz neu gedruckt werden, nach Angaben des Verlags, weil die Passage "von untergeordneter Relevanz" sei.

Vom chinesischen Konsulat in Hamburg hieß es bei "German.China.org", es sei bei Carlsen "vorstellig geworden" und "warne" die chinesischen Landsleute. Sie sollten "vorsichtig und ruhig" sein, wenn sie "mit solchen Handlungen konfrontiert würden". Provokation, Diskriminierung und Hass seien "nicht mit den Grundwerten in Deutschland vereinbar".

Nur zehn von 170 Frauen teilten die "Empörung"

Das offizielle China gab sich also den Anschein, als müsse es seine eigenen, aufgebrachten Bürger im Zaum halten und bremsen, unüberlegte Schritte gegen Carlsen zu unternehmen. Ein namentlich nicht genannter chinesischer "Anwalt" wurde mit dem Satz zitiert, "beleidigende und diskriminierende Handlungen gegen chinesische Einwanderer und ihre Kinder in Deutschland" würden zunehmen, "was an irreführenden Berichten einiger deutscher Medien liege".

Aber stimmt das wirklich, dass die chinesische Gemeinde in Deutschland hellauf empört war? Beim BR meldete sich eine Akademikerin, die in Deutschland an einer Hochschule arbeitet und Chinesisch unterrichtet, und sie berichtete, dass in einer WeChat-Gruppe, einer Plattform des chinesischen Anbieters Tencent, in der sie sich mit anderen Frauen austauscht, nur zehn von 170 Mitgliedern die offiziell gewünschte "Empörung" geteilt hätten.

Die allermeisten hätten sich für die Angelegenheit überhaupt nicht interessiert, einige wenige die eine oder andere Position dazu eingenommen. Im Übrigen, so die Frau, werde das wohl genauso gehandhabt wie in China auch: Jemand regt sich über irgendwas auf und läuft mit einer Denunziation zum Amt: "Das läuft genau wie in China mit der Zensur. Ein Leser oder eine Leserin sieht irgendwo einen verdächtigen Begriff und meldet ihn bei den zuständigen Behörden, alarmiert sie. Damit ist das Regime eingeschaltet."

Gern wird die "Angst um die Sicherheit" geschürt

Und wenn erstmal das "System" eingeschaltet sei, laufe alles von selbst. In der Regel führten die Behörden zwar im Hintergrund Regie, aber eben nicht öffentlich sichtbar. Stattdessen werde über Bande gespielt, würden willfährige Leute gesucht, die sich als "besorgte Bürger" zur Verfügung stellen und ihren Unmut äußern, mal über dies, mal über jenes. Diktaturen in aller Welt folgen ja diesem Muster und behaupten ständig, sie handelten im Sinne des Volkes: "Die Botschaft oder die Konsulate stehen bei solchen Aktionen normalerweise nicht in der ersten Reihe. Sie machen das über eine Privatperson oder eine Landsmannschaft oder einen Verein chinesischer Wissenschaftler oder Studenten. Diese Vereine haben neutrale und unabhängige Namen. Entweder sind sie direkt abhängig von den Behörden, oder jemand in der Leitung steht in Verbindung mit ihnen." Gern schürten die Behörden derzeit bei den Landsleuten die "Sorge um die eigene Sicherheit", so die Chinesin.

 


"