Herausgegeben vom CEMO Centre - Paris
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Die Situation ist im Flüchtlingslager Kara Tepe ist kritischer als in dem Flüchtlingslager Moria

Sonntag 27.Dezember.2020 - 01:22
Die Referenz
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Vor dem europäischen Parlement sagte die EU-Innenkommissarin Ylva Johansson, dass es keine zweite Moria geben dürfte. Bereits war das berühmte Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos abgebrannt. Ungfähr waren 13.000 Menschen dadurch obdachlos geworden.

Inzwischen schlagen mehrere Hilfsorganisationen wegen der Lage im Ausweichlager Kara Tepe Alarm. Die Bedingungen für die Bewohner sollen dort noch schlimmer sein als in Moria. "Weihnachten bedeutet für die Lagerbewohner in erster Linie, dass Nässe und Kälte die Lebensbedingungen weiter verschlechtern", teilt Caritas International  mit. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema im Überblick:

 

Wie viele Menschen halten sich in griechischen Flüchtlingslagern auf?

In Kara Tepe befinden sich zurzeit rund 7500 Menschen. Die Lage auf Lesbos steht besonders im Fokus, doch rund 7700 Menschen leben derzeit in anderen Ankunftszentren auf den Inseln Chios, Kos, Samos und Leros.

Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) geht davon aus, dass sich insgesamt rund 19.500 Asylsuchende auf den griechischen Inseln aufhalten. Die beiden größten Gruppen machen Menschen aus Afghanistan (46 Prozent) und Syrien (18 Prozent) aus. Laut UNHCR  sind 48 Prozent der Geflüchteten dort Frauen und Kinder.

Wie ist die aktuelle Situation in Kara Tepe?

"Man hat bei Moria immer gesagt: Schlimmer geht es eigentlich nicht. Kara Tepe ist ganz klar die Steigerung", sagte die Journalistin Isabel Schayani im WDR. Auf Twitter veröffentlichte sie zudem aktuelle Videoaufnahmen aus Kara Tepe, wo Menschen in unter Wasser stehenden Zelten hausen müssen.

"Die Versorgung mit Nahrungsmitteln und Wasser ist nicht gewährleistet, es fehlt an Duschen und Toiletten", teilt Caritas International mit. Die Menschen seien Sturm und Regen schutzlos ausgeliefert, zu Weihnachten  werden Temperaturen von sechs Grad erwartet. Mehrmals kam es in den vergangenen Monaten zu Überschwemmungen.

Der deutsche Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU) sagte in einem Gespräch mit der "Passauer Neuen Presse", Babys seien in den nassen Zelten von Ratten gebissen worden. Das Vorzeige-Lager PIKPA, wo zuvor einigermaßen humanitäre Bedingungen herrschten, ist von den griechischen Behörden im September geschlossen worden.

Auch die Stimmung unter den Menschen in den Lagern ist angespannt bis gefährlich. Die Hilfsorganisation SOS Kinder, berichtete in der vergangenen Woche von einem besonders erschreckenden Ereignis: Demnach soll eine Dreijährige Opfer eine Vergewaltigung geworden sein. Das Kind wurde blutend und bewusstlos in einem Waschraum gefunden.

Könnten die Menschen die Lager aus eigener Kraft verlassen?

"Das Schlimme an der Situation ist die Perspektivlosigkeit", sagt dazu Günter Burkhardt, Geschäftsführer der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl im Gespräch mit unserer Redaktion. "Die griechische Regierung setzt die Menschen auf den Inseln fest, weil sie komplett auf Abschreckung setzt.

Das Ziel ist die Abschiebung in die Türkei – ohne reguläres Asylverfahren, ohne Prüfung der Fluchtgründe." Eine Rückkehr in die Türkei sei aber vor allem für Menschen aus Afghanistan keine Option. "In der Türkei gibt es für afghanische Schutzsuchende keine Perspektive", so Burkhardt. "Würde man sie dorthin bringen, würde man in Kauf nehmen, dass sie weiter abgeschoben werden."

Wie reagiert die Politik auf die Lage?

Die deutsche Bundesregierung setzt auf eine EU-weite Verteilung von Geflüchteten. Auch die griechische Regierung pocht auf die Hilfe der anderen Mitgliedstaaten. Nicht nur bei den Regierungen der osteuropäischen Staaten und Österreichs ist die Bereitschaft, Geflüchtete aufzunehmen, aber gering.

"Die deutsche Regierung verweist auf eine EU-weite Lösung. Doch das ist Warten auf den Sankt-Nimmerleinstag, weil es in der aktuellen politischen Situation so eine Lösung nicht geben wird", kritisiert Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt.

In der vergangenen Woche unterzeichneten rund 250 Bundestagsabgeordnete von CDU, SPD, FDP, Linken und Grünen einen gemeinsame Weihnachtsapell. Darin fordern sie die Bundesregierung auf, die Aufnahme Geflüchteter in Deutschland zu beschleunigen.

Dieser Forderung schließt sich auch Pro Asyl an: "Das Bundesinnenministerium muss den Appell der Bundestagsabgeordneten ernst nehmen und in Deutschland die Aufnahme organisieren", so Günter Burkhardt. "Die Kapazitäten sind vorhanden – es gibt ja das Angebot von rund 200 Kommunen, die Schutzsuchende aufnehmen wollen."

Wie viele Menschen sind bisher von den griechischen Inseln nach Deutschland geholt worden?

Die Bundesregierung hatte im September angekündigt, 1553 Menschen aus Griechenland nach Deutschland zu holen. Es handelt sich dabei um 408 Familien, die in Griechenland bereits erfolgreich ein Asylverfahren durchlaufen haben. Anfang Dezember waren erst 149 von den zugesagten 1553 Personen in Deutschland angekommen.

Das ergab eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion. Demnach handelte es sich um Bewohner der Lager auf Chios, Kos, Leros und Samos. Die Aufnahme aus Lesbos erfolge "aus operativen Gründen" erst im nächsten Schritt, so die Bundesregierung.

Hinzu kommen 150 unbegleitete Minderjährige: Deutschland hatte sich mit Frankreich, Finnland, Luxemburg, Slowenien, den Niederlanden, Kroatien, Portugal, Belgien und der Schweiz darauf verständigt, insgesamt 1537 junge Menschen von den Inseln aufzunehmen. Alle 150 minderjährigen Geflüchteten sind der Bundesregierung zufolge inzwischen in Deutschland angekommen.



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