Es herrscht eine „Illusion des Schutzes ,,
Dienstag 15.Dezember.2020 - 01:24
Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) will es tun, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat es auch vor, aber was ist eigentlich mit der Kanzlerin? Leider wurde Angela Merkel bei ihrer Pressekonferenz zum bevorstehenden Lockdown nur danach gefragt, für wann sie eigentlich mit Corona-Impfungen in Deutschland rechne, nicht aber, ob sie sich selbst gleich impfen lassen wird.
Genau das hatte Söder, der wie Spahn mit gutem Beispiel vorangehen gehen will, aber jüngst angeregt: Dass sich die Bundeskanzlerin und ihr gesamtes Kabinett umgehend öffentlichkeitswirksam impfen lassen sollten. Die Impf-Empfehlung sollte nicht nur verkündet, sondern auch verkörpert werden, meinte Söder. Um die Botschaft zu senden: Das Serum ist sicher, vor Risiken und Nebenwirkungen muss sich keiner ängstigen.
Diese Gelegenheit für eine solche vertrauensbildende Maßnahme hat Merkel bisher verstreichen lassen. Die Kanzlerin kündigte bei ihrer jüngsten Pressekonferenz lediglich an, dass die europäische Arzneimittelagentur EMA in Amsterdam spätestens am 29. Dezember den ersten Impfstoff für die EU zulassen werde. Im Januar soll es dann auch in Deutschland losgehen.
Was die Sicherheit der im Schnellverfahren geprüften Vakzine angeht, setze sie voll auf den geballten medizinischen Sachverstand der Zulassungsagentur, so Merkel: „Ich vertraue der europäischen Arzneimittelbehörde und der Sachkunde, die da waltet.“
Das Problem ist eben nur, dass dieses Vertrauen nicht von einer klaren Mehrheit der Bürger geteilt wird. Die Bereitschaft, sich gegen Corona impfen zu lassen, war im Gegenteil noch nie so gering wie gerade jetzt. Laut einer Ende vergangener Woche veröffentlichten Sonderstudie für das „Covid-19 Snapshot Monitoring“ (Cosmo) der Universität Leipzig ist nur noch jeder zweite Bundesbürger „bereit“ oder „eher bereit“ für die Spritze.
Im April waren es noch 79 Prozent. Der Anteil der Befürworter einer staatlichen Impfpflicht sank im selben Zeitraum von 73 auf 37 Prozent. Als Hauptursache machen die Forscher ganz klar eine Skepsis gegenüber den Impfstoffen selbst aus.
Maßgeblich für die gesunkene Zustimmung ist also nicht etwa ein indirekter Protest gegen die Corona-Politik der Regierung, auch wenn die Zustimmung zu dieser in den vergangenen Wochen wieder deutlich gesunken ist. Die meisten glauben auch nicht, dass ein Schutz gar nicht nötig sei, weil Covid-19 etwa weniger gefährlich wäre als behauptet.
Es ist tatsächlich fehlendes Zutrauen. Und an der seit April stetig wachsenden Skepsis konnte auch die Bekanntgabe im November nichts ändern, dass die entwickelten Impfstoffe hochwirksam sein sollen, ohne – nach heutigem Erkenntnisstand – Nebenwirkungen zu verursachen. Das Vertrauen in die Sicherheit sei damit auf dem niedrigsten Stand seit Beginn der Erhebung, resümierten die Cosmo-Forscher und empfehlen dringend vertrauensbildende Maßnahmen wie zusätzliche Informationen oder eine Impf-Kampagne.