Erdogan steht hinter dem Zusammenbruch der türkischen Lira
Freitag 14.August.2020 - 08:07
Die Türkei leidet unter dem Lira-Absturz - das heißt, unter Präsident Recep Tayyip Erdogan. Denn dem Verdampfen der eigenen Währung könnte dieser Mann eigentlich leicht etwas entgegensetzen. Stattdessen beschwichtigt er, während die eigene Bevölkerung ihr Geld verschwinden sieht.
So kostete ein Euro zuletzt knapp 8,70 Lira, der Kurs rangierte damit praktisch auf Rekordhoch respektive -tief - je nach Betrachtungswinkel. Eine Lira war damit nur noch 0,1150 Euro wert. Zum Vergleich: Innerhalb der vergangenen zwölf Monate gab es auch Zeiten, da bekam man mit einer Lira noch 0,1626 Euro. Von diesem 52-Wochen-Hoch hat die Währung damit gut 29 Prozent abgewertet.
Zur wichtigen Außenhandelswährung US-Dollar sieht es trotz dessen eigener Schwäche nicht besser aus. Tatsächlich rutschte die Lira erst zum Wochenschluss auf ein neues Allzeittief. So war ein US-Dollar zuletzt 7,370 Lira wert und damit teurer als je zuvor. Eine Lira wiederum war nur noch 0,1356 Dollar wert.
Laut Reichelt ist es „wohl nur eine Frage der Zeit, bis USD-TRY die 7,40er-Marke durchbricht“. Analysten der US-Investmentbank Goldman Sachs gehen mit ihren Aussichten sogar noch weiter. Sie haben ihr 3-Monats-Kursziel auf 7,75 Lira je Dollar festgelegt. „Während die Zentralbank Maßnahmen ergreift, um die Liquidität einzudämmen, hat es keine Anpassung der negativen Realzinsen gegeben, und das Risiko steigt, dass die Entscheider noch auf weiteren Abwertungsdruck auf die Lira warten, ehe sie mit ernstgemeinten Zinserhöhungen beginnen“, kommentierten die Goldman-Analysten.
Ein weiterer Wall-Street-Analyst erklärte indessen alle Versuche, den Lira-Dollar-Kurs ohne Leitzinserhöhungen zu stabilisieren, für gescheitert: „Sie [die Zentralbank] haben 65 Milliarden Dollar zur Verteididung der Lira verpulvert und damit nur wenig erreicht.“ Bis Juli hatte die türkische Zentralbank (CBT) noch versucht, den Kurs zum Dollar mit dem Kaufen von Lira mit eigenen Devisenreserven zu stabilisieren.
Dabei ist das grundlegende Problem neben anderen Faktoren erneut – oder womöglich eher noch – die Inflation in der Türkei. Solange dieses Problem nicht ernsthaft angegangen wird, dürfte der Abwertungsdruck auf die Lira bestehen bleiben. Zinserhöhungen aber scheinen unwahrscheinlich, denn Präsident Erdogan ist strikt dagegen, und schasste deshalb sogar im vergangenen Jahr den damaligen Notenbankchef Murat Cetinkaya.