Katar droht massive Konsequenzen wegen Bestechungsgelder bei der Vergabe der WM-2022
Donnerstag 30.April.2020 - 06:44
Anfang der Woche publizierte die Strafbehörde im New Yorker Distrikt Brooklyn ihre neueste Anklage zum globalen Fußballsumpf. Seit Mai 2015 läuft das Verfahren, Ende 2017 begannen die Prozesse, schon 28 Angeklagte bekannten sich schuldig oder wurden verurteilt. Wann das Gericht die neue Anklage behandelt, ist noch offen. Insgesamt geht es dabei um Betrug beim Erwerb von TV-Rechten für Fußball-Turniere, aber zugleich um die Vergabe der WM-Turnier 2022 an Katar. Das Gericht wirf den Golfstaat vor, dass Katar die südamerikanischen Funktionäre Julio Grondona, Nicolas Leoz und Ricardo Teixeira bestochen haben.
Aber: Träfe das zu, wäre die WM in Katar höchst gefährdet. Rückblende zur Kür des WM-Gastgebers, Ende 2010: Mit 14:8 Voten im Fifa-Vorstand gewinnt Katar die Stichwahl gegen die USA. Da sind schon korrupte Vorgänge aus der Bewerbungsphase bekannt, zwei Wahlleute fehlen gesperrt. Bald ermitteln die Fifa-Ethiker unter dem Ex-US-Bundesanwalt Michael Garcia. Sollte die Anklage der US-Justiz Erfolg haben, wäre zwar auch die Fifa-Spitze gefragt, das Turnier in Katar zu revidieren; zudem müssten ihre Ethiker das Thema angehen. Aber seit im Mai 2017 die Kolumbianerin Claudia Rojas Chefermittlerin wurde, erwies sich dieses Gremium nur noch als höriges Organ des Fifa-Bosses.
Die Amerikaner würden, im Falle einer Verurteilung, ein nachweislich durch Korruption vergebenes Sportevent wohl nicht einfach ablaufen lassen. Das widerspräche ihrer Rechtspolitik, in der Wirtschaft wie im Sport. Gerade wird auf Capitol Hill ein Anti-Doping-Gesetz verabschiedet, weil die USA die Untätigkeit des organisierten Sports in diesem Bereich nicht länger akzeptieren. Und bei großen Wirtschaftsverbrechen, wie sie auch ein WM-Stimmenkauf darstellt, können die Folgen für beteiligte Personen und Unternehmen teuer sein.
Was das im Fall einer Katar-Verurteilung bedeuten kann, erläutert Hans-Joachim Eckert. Der Münchner Richter war früher selbst oberster Fifa-Ethiker. "Spielt man das durch, könnte der Punkt kommen, dass festgestellt wird, dass die WM gekauft war. Findet sie trotzdem statt, könnte die Keule aus den USA kommen: dass sie alle wirtschaftlichen Teilnehmer auf eine Black List setzen", sagt Eckert. Das hieße: Jede Firma, jeder Sender, der an einem so gebrandmarkten Kommerzgeschehen wirtschaftlich teilnimmt, liefe Gefahr, auf der schwarzen Liste von US-Justiz und US-Finanzministerium zu landen.
Mit so jemandem könnte dann kein gesetzestreuer amerikanischer Bürger mehr wirtschaften, keine Bank und kein sonstiges Unternehmen. Die Auswirkung dieser Blockade, die einst dem in Korruption verwickelten Siemens-Konzern nur dank einer Regierungsintervention erspart blieb, wäre enorm; das dürfte jeden Geldgeber abschrecken. Nicht nur Sponsoren wie Coca-Cola oder Adidas haben Geschäfte im Dollar-Währungsbereich, sondern auch all die neuen, potenten Fifa-Geldgeber aus China. Und es könnte auch Sanktionen für die teilnehmenden Verbände bedeuten. Die Aufnahme auf die schwarze US-Liste hätte also desaströse Folgen für die WM 2022, ganz ohne Fifa.