WM-2022 in Katar steht auf der Kippe wegen US-Justiz-Ermittlungen
Sonntag 26.April.2020 - 07:54
Dass die US-Justiz ausgerechnet jetzt ihre verschärften Strafermittlungen publiziert, ist auch als Kritik an der laxen Arbeit der Kollegen in Europa zu verstehen. In der Schweiz drohen gerade alle FIFA-Strafermittlungen in sich zusammenzufallen, in wenigen Tagen wird auch die deutsche Sommermärchen-Affäre um die WM 2006 eingestellt: Wegen Verjährung oder wegen der offenkundigen Befangenheit der Schweizer Bundesanwaltschaft.
Jedoch könnten die Amerikaner selbst die Bremse in Katar ziehen, sollte Bestechung bei der WM-Vergabe nachgewiesen werden. Ein korruptes Sportevent, das in dem Fall auch noch konkret auf Kosten der US-Bewerbung um die WM 2022 ging, würden sie gemäß ihrer eigenen wirtschaftsrechtlichen Prinzipien nicht einfach akzeptieren. Experten wie der Münchner Strafrichter Hans-Joachim Eckert verweisen darauf, dass die USA als Reaktion auf große Wirtschaftsverbrechen Personen und Unternehmen, die sich in diesem Geschäftsumfeld betätigen, auf ihre schwarze Liste setzen.
Im Falle einer korrupten WM kann das bedeuten: Jede Firma, jeder Sender, der an einem belasteten Kommerzgeschehen wirtschaftlich teilnimmt, kann auf der Liste von US-Justiz und US-Finanzministerium landen. Mit ihm darf dann kein gesetzestreuer US-Bürger mehr wirtschaften, keine Bank und keine sonstige Firma. Die Auswirkung einer solchen Blockade wäre so enorm, dass sie jeden Geldgeber abschrecken würde. FIFA-Topsponsoren wie Coca-Cola oder Adidas wirtschaften ebenso im Währungsbereich des Dollars wie die FIFA-Partner in Fernost. Sanktionen würden auch teilnehmenden Fußballverbänden drohen, sie sind über Millionenprämien mit der WM verbunden.
Weil also die Anwendung der schwarzen Liste durch die US-Justiz desaströse finanzielle Konsequenzen für die WM 2022 hätte, liegt eine Entscheidung über Katar faktisch kaum mehr bei der FIFA. Ein Turnier, das für Investoren so gewaltige Risiken birgt, könnte sich der Weltverband gar nicht leisten.