Herausgegeben vom CEMO Centre - Paris
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Polizisten in NRW haben eine mutmaßliche Zelle der Terrormiliz Islamischer Staat ausgehoben

Donnerstag 16.April.2020 - 04:14
Die Referenz
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Berlin (Tagesschau) - Die Ermittler schlugen in den frühen Morgenstunden zu: An mehreren Orten in Nordrhein-Westfalen wurden die Wohnungen von vier mutmaßlichen Mitgliedern einer Terrorzelle sowie weitere Objekte in Werdohl, Siegen, Neuss, Essen und im Kreis Heinsberg durchsucht. Spezialkräfte der Polizei nahmen vier Männer fest, allesamt tadschikische Staatsangehörige, teilte die Bundesanwaltschaft mit. Sie sind zwischen 27 und 32 Jahren alt. Ein fünfter Mann, Ravsan B., ebenfalls ein Tadschike, sitzt bereits seit dem 9. April vergangenen Jahres in Wuppertal in Haft. Er gilt nach Informationen von SWR und des ARD-Hauptstadtstudios als der Kopf der Gruppe.

Die Bundesanwaltschaft wirft ihm sowie Azizjon B., Muhammadali G., Farhodshoh K. und Sunatullokh K. vor, sich im Januar vergangenen Jahres von Deutschland aus dem sogenannten Islamischen Staat (IS) angeschlossen zu haben, um im Auftrag der Terrororganisation Anschläge zu verüben. Ursprünglich habe die Zelle den Plan verfolgt, nach Tadschikistan auszureisen und dort Anschläge gegen die Regierung zu verüben, diesen Plan dann aber verworfen.

US-Stützpunkte ausgespäht
Die Planungen für Anschläge in Deutschland waren demnach bereits sehr konkret: So soll die Gruppe beabsichtigt haben, Anschläge auf Einrichtungen der US-Streitkräfte in Deutschland zu verüben und auch bereits damit begonnen haben, amerikanische Luftwaffenstützpunkte auszuspähen. Darüber hinaus sollen die Männer aber auch beabsichtigt haben, einzelne Personen zu töten. Wie die Bundesanwaltschaft mitteilte, hatte Sunatullokh K. damit begonnen, eine Person auszuspähen, die in der Öffentlichkeit mit islamkritischen Äußerungen in Erscheinung getreten ist.

Die Verbindung der Zelle zum IS war offenbar eng. Wie die Bundesanwaltschaft mitteilte, standen die Männer in Kontakt mit zwei Führungspersonen der Terrororganisation in Syrien und Afghanistan. Mit ihnen stimmten sie ihr Vorgehen ab.

Darüber hinaus sollen sie Geld gesammelt haben, um ihre Anschlagspläne in Deutschland, aber auch den IS selbst zu finanzieren. Das Geld sollen sie über Finanzagenten in der Türkei zum IS transferiert haben. In diesem Zusammenhang sollen die Männer auch beabsichtigt haben, einen Auftragsmord in Albanien zu begehen. Für die Ermordung der Zielperson hätten sie den Ermittlungen zufolge ein Honorar in Höhe von 40.000 Dollar erhalten sollen. Ravsan B. und Farhodshoh K. seien dafür nach Albanien gereist, allerdings unverrichteter Dinge zurückgekehrt. Offenbar waren sie sich nicht sicher, ob sie die Zielperson identifiziert hatten.

Anschlag stand wohl nicht unmittelbar bevor
Dass die Gruppe entschlossen war, ihre Pläne zu verwirklichen, steht für die Bundesanwaltschaft jedoch außer Zweifel: So soll sie bereits Schusswaffen und Munition besorgt und im Internet Bestandteile für eine improvisierte Sprengvorrichtung bestellt haben. 

Nach Informationen von SWR und ARD stand ein Anschlag nicht unmittelbar bevor. Die Vorwürfe gegen die Gruppe beziehen sich auf die Monate Januar bis März 2019. Tatsächlich verhielten sich die vier heute Festgenommenen in den vergangenen Monaten weitgehend unauffällig, heißt es in Sicherheitskreisen.

Festnahmen bereits 2019
Einige von ihnen waren bereits im April 2019 wegen Terrorverdachts vorläufig festgenommen worden, nachdem ein 19-Jähriger tadschikischer Abstammung durch eine Fußgängerzone in Essen gerast war. Bis auf Ravsan B. kamen sie aber wieder frei. Bei Ravsan B. jedoch wurden die Waffen gefunden, die er für die Anschlagspläne besorgt haben soll.

Die Ermittler gehen jetzt davon aus, der Zelle insgesamt ihre Terrorpläne nachweisen zu können. Der Fall macht deutlich, dass mit dem islamistischen Terrorismus und auch mit dem sogenannten Islamischen Staat nach wie vor zu rechnen ist. Zwar galt der IS mit dem Verlust seines Territoriums als militärisch besiegt, die Organisation ist jedoch weiterhin in der Lage, Anhänger dazu zu bewegen, in ihrem Sinne Anschläge zu verüben - auch in Deutschland.
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