Seta-Stiftung von Erdogan bedroht die Meinungsfreiheit in der Türkei
Freitag 27.März.2020 - 03:18
Berlin (DW) - Eine regierungsnahe türkische Denkfabrik wirft deutschen und internationalen Journalisten vor, "regierungsfeindlich" zu berichten. In einer neuen, 202 Seiten langen Studie des Think Tanks Seta nehmen die Autoren vor allem die türkischsprachige Berichterstattung von sieben Medienhäusern unter die Lupe, darunter die der Deutschen Welle (DW), der britischen BBC, des russischen Senders Sputnik und des US-Senders "Voice of America". Sie nennen dabei Journalisten namentlich und zeigen Screenshots ihrer Twitter-Aktivitäten.
Der DW allein sind rund 30 Seiten in der Studie gewidmet, die sich teilweise wie eine Anklageschrift liest. Es geht den Autoren vor allem um Berichte zu sensiblen Themen wie zur Wirtschaft oder zum Putschversuch von 2016.
Keine freie Presse
Türkische Medien sind seit dem Putschversuch zu einem großen Teil unter Regierungskontrolle. Über die Berichterstattung der Deutschen Welle heißt es in dem Bericht zum Beispiel: "Generell verfolgt sie eine Politik der Nachrichtenproduktion, die auf Schwächen bei Pressefreiheit und Menschenrechten in der Türkei gerichtet ist."
Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte in den vergangenen Monaten internationale Medien mehrfach für "negative" Berichterstattung, unter anderem über die schlechte wirtschaftliche Lage, kritisiert. Zwei Journalisten der Agentur Bloomberg wurden wegen eines Artikels zur Währungskrise angeklagt.
DW-Sprecher Christoph Jumpelt kommentierte dieser Studie mit folgenden Sätzen: "Diese vermeintliche Studie soll wohl in erster Linie ausländische Medien diskreditieren, die immer noch objektiv und unabhängig über die Türkei berichten können. Die unhaltbaren Anschuldigungen gegen namentlich erwähnte Journalisten, darunter auch der DW, kann man nur als sehr bemühten Einschüchterungsversuch werten, mit dem seine Urheber sich selber entlarven."
Eine Interessenvereinigung internationaler Journalisten in Istanbul, die Foreign Media Association (FMA), ließ per Twitter verlauten, sie sei besorgt über den Bericht, der Journalisten namentlich nenne und porträtiere. Journalisten sollten ihren Beruf ausüben können, ohne Einschüchterungsversuchen oder Druck ausgesetzt zu sein.