Koalition will Flüchtlingskinder aus den überfüllten Lagern in Griechenland aufnehmen
Montag 09.März.2020 - 02:29
Berlin (Aar/Dpa/Afp) - Die Spitzen der schwarz-roten Koalition haben sich auf die Aufnahme von besonders schutzbedürftigen Kindern aus den überfüllten Flüchtlingslagern in Griechenland geeinigt. Deutschland sei bereit, im Rahmen einer "Koalition der Willigen" auf europäischer Ebene "einen angemessenen Anteil" zu übernehmen, heißt es in einem Beschluss des Koalitionsausschusses vom frühen Montagmorgen.
"Ordnung und Humanität gehören für uns zusammen. Deswegen wollen wir Griechenland bei der schwierigen humanitären Lage von etwa 1000 bis 1500 Kindern auf den griechischen Inseln unterstützen", heißt es in dem 14-seitigen Bericht von Union und SPD. Es handele sich dabei um Kinder, die entweder wegen einer schweren Erkrankung dringend behandlungsbedürftig oder aber unbegleitet und jünger als 14 Jahre alt sind, die meisten davon Mädchen.
Die Koalition geht auch auf die Kämpfe im syrischen Idlib ein. Der Zivilbevölkerung müsse dringend geholfen werden, Deutschland habe aktuell 125 Millionen Euro dafür zur Verfügung gestellt. SPD-Chefin Saskia Esken zeigte sich auf Twitter "froh", dass Deutschland sich nun an einer EU-Koalition der Willigen angemessen beteiligen werde.
Das Treffen im Kanzleramt endete am frühen Montagmorgen nach gut sieben Stunden. CDU, CSU und SPD einigten sich dabei auch auf ein umfangreiches Paket zum Schutz der deutschen Wirtschaft in der Coronavirus-Krise. Dazu soll die Auszahlung von Kurzarbeitergeld erleichtert und länger ermöglicht werden.
Bei dieser Leistung übernimmt die Bundesagentur für Arbeit 60 Prozent des ausgefallenen Nettolohns, wenn ein Unternehmen Mitarbeiter in Kurzarbeit schickt. Kündigungen sollen so vermieden werden können. Nun sollen laut dem Beschluss auch die Sozialbeiträge für die ausgefallenen Arbeitsstunden den Arbeitgebern erstattet werden - und zwar voll und nicht nur wie bereits Ende Januar von der Koalition beschlossen zu 50 Prozent.
Betriebe sollen zudem Kurzarbeitergeld schon nutzen können, wenn nur 10 Prozent der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind statt wie bisher ein Drittel. Auch Leiharbeiter sollen Kurzarbeitergeld bekommen können.
Besonders betroffenen Unternehmen will die Regierung finanziell unter die Arme greifen: Sie kündigt Vorschläge für entsprechende Liquiditätshilfen und ein Gespräch mit den Spitzenverbänden der Wirtschaft und den Gewerkschaften dazu an.
"Die GroKo handelt in der Coronakrise. Wir haben neben medizinischen Schutzmaßnahmen auch ein großes Hilfspaket für die deutsche Wirtschaft vereinbart: umfassende Kurzarbeiterregelungen, Liquiditätshilfen, Bürgschaften und Steuerstundungen für betroffene Branchen", schrieb CSU-Chef Markus Söder nach Ende der Sitzung bei Twitter.
Koalition will milliardenschweres zusätzliches Investitionspaket schnüren
"Wir werden die Investitionen des Bundes in den Jahren 2021 bis 2024 um jeweils 3,1 Milliarden Euro verstärken und so vereinbarte Investitionspfade ausbauen und neue Prioritäten in Höhe von insgesamt 12,4 Milliarden Euro ermöglichen", heißt es in dem Beschluss. Diese Mittel sollen insbesondere aus dem Überschuss des Jahres 2019 (13,5 Milliarden Euro) kommen.
In den kommenden vier Jahren sollen unter anderem acht Milliarden Euro in Verkehrswege des Bundes investiert werden. Aus den zusätzlichen Mitteln sollen auch in Städten und Gemeinden Brachflächen für den Bau bezahlbarer Wohnungen reaktiviert werden. Die Länder sollen von 2022 bis 2024 jährlich eine Milliarde Euro für den sozialen Wohnungsbau bekommen.
An den Beratungen nahmen neben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und den Partei- und Fraktionschefs von CDU, CSU und SPD zeitweise auch Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Außenminister Heiko Maas (SPD) teil.
Koalition will Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen
Wichtig für die Investitionen sind schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren. Diese sollen vor allem im Verkehrs- und Digitalbereich "noch in dieser Legislaturperiode" erreicht werden. Geprüft werden soll, wie Gerichtsverfahren gestrafft werden können. Die Regierung soll bis Juli den Entwurf für ein Investitionsbeschleunigungsgesetz beschließen.
Schnellere Planung und Genehmigungen soll es etwa beim Ausbau beim Glasfaserausbau für die digitale Infrastruktur geben. Um das Mobilfunknetz an den Verkehrswegen besser auszubauen, will die Koalition geltende gesetzliche Mindestabstände von Mobilfunkstandorten an Autobahnen und Bundesstraßen streichen, damit die Betreiber nicht mehr auf private Grundstücke zurückgreifen müssen. Änderungen im Artenschutzrecht und bei den Vorschriften zur Umweltverträglichkeit von Infrastrukturmaßnahmen sollen geprüft werden.