Merkel: Europäische Union ist ein „Friedensprojekt“
Stralsund (dpa) – Angesichts der
Schwierigkeiten um den neuen EU-Haushalt hat Bundeskanzlerin Angela Merkel
(CDU) auf ihrem Jahresempfang in Stralsund die Einheit Europas allem
vorangestellt. Die EU sei vor allem ein Friedensprojekt, sagte sie am Freitag in
ihrem vorpommerschen Bundestagswahlkreis. «Lassen Sie uns das, was wir in
Europa haben, behüten wie unseren Augapfel», mahnte sie unter Verweis auf die
vielen Konflikte in der Welt. Merkels Einladung ins Störtebeker Brauquartier
waren etwa 400 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und
Verwaltung gefolgt.
Sie knüpfte an die Worte von Stralsunds
Oberbürgermeister Alexander Badrow (CDU) an, der an den 650. Jahrestag des
Stralsunder Friedensschlusses mit Dänemark in diesem Jahr erinnerte. Dies sei
ein Geschichtsereignis von europäischer Tragweite gewesen. Badrow nannte die
Hanse die EU des Mittelalters. Sie habe zu Wohlstand und wirtschaftlichem
Wachstum geführt. Die Hanse sei zerbrochen, als Einzelinteressen über
Gemeinschaftsinteressen gestellt wurden.
Merkel sagte, ein gemeinsamer EU-Haushalt
sollte nicht erst im Dezember, sondern noch vor der deutschen
EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 zustandekommen. Nach dem
Austritt Großbritanniens fehle ein Nettozahler, es fehle Geld, und die Wünsche
der Mitgliedsstaaten seien sehr unterschiedlich. Sehr viele Projekte auch in
Infrastruktur, Tourismus, Wirtschaft und im Sozialen in Mecklenburg-Vorpommern
hingen von Mitteln der EU ab.
Im 30. Jahr der deutschen Einheit erinnerte
die Kanzlerin daran, dass sich die Menschen in der DDR danach gesehnt hätten,
dass endlich die Würde jedes Einzelnen unantastbar sei, dass man frei reden und
frei reisen könne und nicht verfolgt werde, wenn man sich zum Christentum
bekenne. «Der Staat ist nach wie vor nicht vollkommen, das wird auch nie ein
Staat sein», räumte die Kanzlerin ein. «Der Staat ist so gut wie die Summe
seiner Bürger.» Sorge bereite ihr, dass Deutschland wirtschaftlich
zurückzufallen drohe.