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Bürgerschaftswahl in Hamburg: SPD und Grüne feiern, historische Niederlage für CDU

Montag 24.Februar.2020 - 12:28
Die Referenz
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Hamburg (Ndr) - Die rot-grüne Koalition in Hamburg kann weitermachen: SPD und Grüne haben bei der Bürgerschaftswahl einen klaren Wahlsieg eingefahren. Die SPD von Bürgermeister Peter Tschentscher landete dabei deutlich vor dem grünen Regierungspartner. Trotz Verlusten setzte sie sich damit vom jahrelangen Negativtrend der Partei im Bund ab. Die CDU rutschte auf ihr bundesweit schlechtestes Ergebnis bei Landtagswahlen seit fast 70 Jahren. Die AfD bleibt nach langer Zitterpartie wohl in der Bürgerschaft, die FDP offenbar ganz knapp auch - endgültige Klarheit gibt es jedoch erst am Montagabend.

Stimmen in Langenhorn vertauscht worden?
Eine mögliche Verwechslung bei der Stimmerfassung im Wahlbezirk Hamburg-Langenhorn könnte den Wiedereinzug der FDP in die Bürgerschaft infragestellen. In einem Wahllokal könnten die Stimmen von Grünen und FDP vertauscht worden sein. "Das kann durchaus ausschlaggebend sein", sagte Landeswahlleiter Oliver Rudolf. Alle Stimmen würden heute aber ohnehin erneut ausgezählt, sodass ein Irrtum dann auch festgestellt würde.

SPD verliert Stimmen, Grüne verdoppeln sich fast
Nach der ersten, vereinfachten Auszählung der für die Parteien auf den Landeslisten abgegebenen Stimmen kommt die SPD auf 39 Prozent (2015: 45,6 Prozent) und bleibt trotz Verlusten stärkste Partei in der Hansestadt. Zweitstärkste Kraft sind demnach die Grünen mit 24,2 Prozent (2015: 12,3) - sie verbuchten die größten Zugewinne. Die CDU kommt auf 11,2 Prozent (2015: 15,9), die Linke auf 9,1 Prozent (2015: 8,5). Die FDP erreicht 5,0 Prozent (2015: 7,4) und die AfD 5,3 Prozent (2015: 6,1 Prozent). Die voraussichtliche Verteilung der 121 Bürgerschaftssitze würde laut Landeswahlleiter Rudolf folgendes Ergebnis bringen: SPD 51, Grüne 31, CDU 14, Linke 12, AfD 7 und FDP 6 Sitze.

Tschentscher von Anhängern gefeiert
Bürgermeister Tschentscher wurde von seinen Anhängern gefeiert. "Was für ein großartiger Abend", sagte er bei der Wahlparty der SPD. Als sich die Sozialdemokraten vor zwei Jahren neu aufgestellt hätten, sei das alles nicht selbstverständlich gewesen. Die Hamburger SPD bleibe die führende, bestimmende Kraft in der Hansestadt, sagte Tschentscher. Rot-Grün sei die naheliegende Option und die SPD werde sehr bald auf die Grünen zugehen, um Sondierungsgespräche zu führen. Er werde aber auch Gespräche mit der CDU führen. Die Wähler hätten entschieden, dass es diese beiden Optionen gebe.

Für Tschentscher war es die erste Wahl. Er hatte den Bürgermeisterposten 2018 von Olaf Scholz übernommen, der damals an die Spitze des Bundesfinanzministeriums wechselte. Scholz sagte, er erhoffe sich vom überraschend guten Ergebnis der SPD einen Push auch im Bund. Er sei "super glücklich" darüber.


Bürgerschaftswahl
Fegebank: "Ich bin gerührt"
Die Grünen, die ihr Ergebnis im Vergleich zu 2015 mehr als verdoppeln konnten, feierten ihr Ergebnis. "Ich bin gerührt", sagte Spitzenkandidatin Fegebank kurz nach Schließung der Wahllokale. Bei einer Wahlparty tanzte sie auf der Bühne. Fegebank sprach von einem klaren Wählerauftrag, Rot-Grün fortzuführen. Fraktionschef Anjes Tjarks erklärte, die rot-grüne Koalition habe sich als sehr stabil erwiesen. "Die Bürger wollen Rot-Grün", sagte Tjarks zu kommenden Koalitionsverhandlungen.

Weinberg: "Enttäuschendes Ergebnis"
CDU-Spitzenkandidat Marcus Weinberg bezeichnete das Ergebnis als enttäuschend. Die bundesweiten Ereignisse der letzten Tage und Wochen hätten den Hamburger Wahlkampf spürbar überschattet. "Es hat politisch für uns gewittert", sagte er. Das Ergebnis für die CDU bezeichnete er als "schlecht". Es ist das zweitschlechteste Ergebnis, das die CDU je bei Landtagswahlen erreicht hat.


Von Treuenfels: "Ereignisse in Thüringen Hypothek"
Auch FDP-Spitzenkandidatin Anna von Treuenfels machte die Ereignisse in Thüringen als schwere Hypothek für ihren Wahlkampf aus: "Die Schwierigkeiten lagen für uns natürlich daran, dass wir hier ein Kopf-an-Kopf-Rennen zweier Bürgermeisterkandidaten hatten, die die kleineren Parteien einfach schon ein bisschen an die Seite gedrängt haben und dann - wie bekannt - kam natürlich Thüringen hinzu."

Özdemir: "Tolles Ergebnis"
Die Linke will eine starke Kraft in der Opposition bleiben, wie Spitzenkandidatin Cansu Özdemir sagte. "Das ist ein tolles Ergebnis", sagte Özdemir. Ihre Co-Fraktionsvorsitzende Sabine Boeddinghaus empfand ebenfalls eine "große Freude: Es ist ein Zugewinn".

Nockemann beklagt "Ausgrenzungskampagne"
AfD-Spitzenkandidat Dirk Nockemann sprach vom "Ergebnis einer maximalen Ausgrenzungskampagne". Die ganze Zeit habe die AfD konstant bei etwa 7 Prozent gelegen, nach Thüringen sei es dann aber runter gegangen, sagte Nockemann.

1,3 Millionen Wahlberechtigte
In Hamburg waren rund 1,3 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen, über die Vergabe der 121 Sitze im Parlament zu entscheiden. Es handelt sich nach bisherigem Stand um die einzige Wahl auf Länderebene in diesem Jahr. Der Wahlausgang wurde auch vor dem Hintergrund der Regierungskrise in Thüringen und den damit verbundenen politischen Turbulenzen in Berlin mit Spannung erwartet.

Höhere Wahlbeteiligung
Die Wahlbeteiligung lag laut Landeswahlleiter bei 63,3 Prozent - 6,8 Prozentpunkte über der von 2015, als sie mit 56,5 Prozent ein historisches Tief erreicht hatte.

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