Erdogan im Jahr 2020: In der Türkei deuten sich politische Brüche an
Berlin (Fokus) - All das geschah in der Türkei innerhalb der letzten Jahre. Keine Nachrichten wären gute Nachrichten. Die Türken hoffen, dass sie im Jahr 2020 einmal durchatmen können.
Nach sieben Wahlen innerhalb von fünf Jahren und der umstrittenen Wiederholung der Bürgermeisterwahl in Istanbul müssen die Wähler erst einmal nicht mehr an die Urnen gehen. Die Wirtschaft hat sich erholt: 2019 konnte die Türkei eine Rezession vermeiden. Und die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan konnte die drohenden Wirtschaftssanktionen abwenden, mit denen die USA den NATO-Partner für den Kauf eines russischen Raketenabwehrsystems bestrafen wollten.
Jahrelang unangefochtene Macht von Erdogan bröckelt
Entlang der tiefen politischen Bruchstellen des Landes baut sich jedoch neuer Druck auf. Die jahrelang unangefochtene Macht des starken Mannes Erdogan und seiner konservativen AKP-Partei bröckelt. Die säkulare Opposition punktet bei konservativen und kurdischen Wählern.
Sie fühlt sich durch ihren Erfolg bei den Regionalwahlen 2019 bestärkt. Auch in seinem inneren Kreis droht Erdogan Ärger. Sein ehemaliger Wirtschaftsminister und sein ehemaliger Premierminister haben bereits mit der AKP gebrochen. Sie scheinen sich darauf vorzubereiten, eine oder mehrere Splitterparteien zu gründen.
Schicksal der Flüchtlinge in der Türkei ungewiss
Die Türkei leidet weiterhin unter hohen Schulden und den angespannten Beziehungen zu Europa und den USA. Sollte Erdogan Russland weiterhin den roten Teppich ausrollen, könnten die USA weitere Sanktionen vorbereiten. Die größten Sorgen bereiten die Folgen des Krieges im Nachbarland Syrien. Die Türkei hat eine Militäroffensive gegen die Kurden im Nordosten Syriens gestartet.
Dies führte zu einer diplomatischen Krise mit den USA und Sanktionen mehrerer europäischer Staaten. Der Türkei droht eine neue Flüchtlingswelle aus dem Nordwesten Syriens, wo der mit Russland ausgehandelte Waffenstillstand vor dem Zusammenbruch steht. Zehntausende islamistische Rebellen und drei Millionen Zivilisten stehen der Feuerkraft Russlands und des Assad-Regimes gegenüber.
Ungewiss ist das Schicksal der Flüchtlinge, die sich schon in der Türkei aufhalten. Erdogan will eine Million von ihnen in einer „Sicherheitszone“ im Norden Syriens ansiedeln. Kritiker glauben, dass er damit das ethnische Gleichgewicht in der Region verändern will. Erdogan hat eine deutliche Warnung an westliche Regierungen aus gesprochen: Wenn sie ihm die Unterstützung für das Vorhaben verweigern, wird er das Flüchtlingsabkommen mit der EU beenden, die Grenze öffnen und Hunderttausende Flüchtlinge auf den Weg nach Griechenland schicken.