Herausgegeben vom CEMO Centre - Paris
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Klimakonferenz droht zu scheitern

Montag 16.Dezember.2019 - 08:53
Die Referenz
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Der Uno-Klimagipfel in Madrid sollte längst beendet sein, doch die Teilnehmer sind über die Schlusserklärung zerstritten. Die Wut von Umweltaktivisten ist gewaltig, ein Kritiker schäumte: "Die Regierungen haben es verkackt."

Klimakonferenz droht

Noch nie hat eine Weltklimakonferenz ihre Beratungen so lange überzogen wie in diesem Jahr. Am Sonntagmorgen wurde in Madrid weiter verhandelt – mehr als 36 Stunden nach dem ursprünglich geplanten Ende. Dennoch lagen die knapp 200 vertretenen Staaten in ihren Positionen zuletzt noch weit auseinander. „Es ist ein harter Kampf, hier wenigstens keine Rückschritte zu erleiden“, hieß es am Morgen aus Kreisen der deutschen Delegation.

 

Zuletzt war unklar, ob eine Einigung auf Regeln für den internationalen Handel mit Klimaschutzgutschriften gelingt. Dies war eines der wenigen konkreten Verhandlungsziele der diesjährigen UN-Konferenz, die seit dem 2. Dezember tagt. Etliche Delegierte mussten inzwischen abreisen, darunter die meisten Minister. Auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) ist inzwischen nicht mehr in Madrid. Viele Umwelt- und Hilfsorganisationen haben die Konferenz schon abgeschrieben – was hier geschehe, werde der beim Klimaschutz gebotenen Eile nicht gerecht, kritisieren sie.

Die Präsidentin des UN-Kongresses, die Chilenin Carolina Schmidt, legte den Delegationen in Madrid neue Entwürfe für ein Abschlussdokument vor. Die Papiere sollen in einem Schlussplenum debattiert werden. Der Beginn des Plenums war jedoch laut der spanischen Regierung unklar.

Bei dem am 3. Dezember eröffneten internationalen Kongress, der eigentlich am Freitagabend beendet werden sollte, verlaufen mehrere Frontlinien. So stehen auf einer Seite Blöcke und Staaten wie die EU, Deutschland, Norwegen, Spanien und Kolumbien. Sie machen sich für mehr globalen Klimaschutz stark. Demgegenüber stehen die USA, Australien, Brasilien und andere, die den Klimaschutz aufweichen wollen.

„Es ist hart“

„Ich weiß, dass wir sehr müde sind, ich weiß, dass die meisten von Ihnen nicht geschlafen haben“, sagte Schmidt, die Umweltministerin in Chile ist, den Vertretern aus knapp 200 Ländern. Sie wolle weitermachen, bis eine ehrgeizige Einigung geschafft sei. „Es ist hart, es ist schwierig, aber es ist es wert“, sagte sie.

Klimakonferenz droht

Der Abschluss der Uno-Klimakonferenz in Madrid verzögert sich weiter. Den Teilnehmerländern ist es noch nicht gelungen, sich auf ein gemeinsames Abschlussstatement zu einigen - der Entwurf, den die chilenische Gipfelpräsidentschaft am Morgen vorgelegt hatte, trifft auf starke Ablehnung.

 

Vertreter verschiedener Umwelt- und Entwicklungsorganisationen warnten am Samstagmittag vor einem kompletten Scheitern der Konferenz.

Nach Einschätzung der NGO-Vertreter sind die bisherigen Ergebnisse in keinem der zentralen Verhandlungsthemen annähernd zufriedenstellend.

Abgesehen davon, dass es kein Bekenntnis zu einer Steigerung der Klimaschutzanstrengungen gebe, würde die derzeit vorgeschlagene Ausgestaltung von Artikel 6 des Pariser Abkommens zu Marktmechanismen das Pariser Klimaschutzabkommen aushöhlen. In dieser Frage hätten sich insbesondere die USA und Brasilien gemeinsam mit Japan durchgesetzt, kritisierte Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan.

Die derzeit vorliegenden Beschlusstexte seien "völlig inakzeptabel" und ein "Betrug an den Menschen in aller Welt", sagte Morgan in Madrid. Die chilenische Präsidentschaft der Weltklimakonferenz habe die Aufgabe, das Pariser Klimaabkommen "zu schützen und nicht zuzulassen, dass es durch Zynismus und Gier auseinandergerissen wird". Stattdessen habe Chile "den Verschmutzern zugehört und nicht den Menschen".

Der Chef der Initiative Power Shift Africa, Mohamed Ado, bezeichnete die Beschlusstexte als "katastrophal" und "die schlimmsten, die ich je gesehen habe". Die dort enthaltenen Formulierungen würfen die Welt um Jahre zurück, statt auf die Herausforderungen des Klimawandels zu reagieren.

"Wenn ich jemals sagen würde: 'Die Regierungen haben es verkackt', würde ich heute in Madrid sagen: Die Regierungen haben es verkackt", schimpfte Ado. Menschen in aller Welt müssten nun "aufstehen, um den Planeten zu retten".

Alden Meyer von der Wissenschaftlerorganisation Union of Concerned Scientists warnte, es wäre "ungerecht und unmoralisch", wenn die derzeit vorliegenden Texte beschlossen würden. Schließlich sei darin kein Aufruf enthalten, die nationalen Klimaschutzanstrengungen zu verstärken. Meyer forderte, die großen Treibhausgasemittenten und reichen Länder müssten endlich auf den "klaren Ruf der Jugend, indigenen Völker und klimagefährdeten Länder in aller Welt" reagieren.

Harjeet Singh von der Hilfsorganisation Action Aid warf der EU vor, sie habe die USA mit Kanada und Australien dabei unterstützt, Klimahilfen für Entwicklungsländer zu blockieren. Von der Europäischen Union sei "viel Süßholzraspeln" zu hören, tatsächlich seien sie bei der Klimafinanzierung aber nicht besser als die USA.

Die Klimareferentin von Brot für die Welt, Sabine Minninger, sagte, sie sei angesichts des Verhandlungsstands in Madrid "fassungslos, wie man so zurückfallen kann".

Auch der Deutsche Christoph Bals, Beobachter des Gipfels für die Umweltschutzorganisation Germanwatch, schrieb auf Twitter, ein von ihm eingesehener Entwurfstext zu Marktmechanismen durch die chilenische Gipfelpräsidentschaft sei "katastrophal".

Um in Madrid Druck zu machen, haben Deutschland und etliche weitere Staaten gemeinsam Mindeststandards für den internationalen Handel mit Klimaschutzgutschriften gefordert. Mit dabei waren außerdem besonders von den Folgen des Klimawandels bedrohte Länder wie der südpazifische Inselstaat Vanuatu und die Marshallinseln. Angeführt wurde die Liste von Costa Rica, wo die Gruppe sich im Vorfeld des diesjährigen Klimagipfels erstmals zusammengetan hatte.

Unter anderem hieß es, ein Handel mit Verschmutzungsrechten müsse die Umwelt schützen und auch wirklich dazu führen, dass der weltweite Treibhausgasausstoß zurückgehe. Zudem fordern die Länder ein Verbot, alte Gutschriften aus der Zeit vor dem Pariser Klimaabkommen weiterhin zu nutzen. Das verlangte unter anderem Brasilien.

Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen machten sowohl die Bundesregierungals auch mehrere europäische Regierungen ihre Punkte noch während der Verhandlungen öffentlich. Länder wie Brasilien und Australien beharren darauf, dass unter dem Kyoto-Protokoll erworbene Verschmutzungsrechte unter dem Paris-Abkommen weiter gelten.

 

Außerdem wird um Regelungen gerungen, um Doppelzählungen von Klimaschutzanstrengungen zu vermeiden und soziale und Menschenrechtsstandards für die unter Artikel 6 fallenden Projekte festzuschreiben. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hatte bereits am Freitagvormittag ein komplettes Scheitern des Madrider Gipfels nicht ausgeschlossen.

Die Regeln für die internationale Zusammenarbeit festzulegen, ist eine der großen Aufgaben der diesjährigen Verhandlungen. Ziel des Handels ist, Ländern die Möglichkeit zu geben, Maßnahmen zur CO2-Minderung im Ausland zu finanzieren und sich die eingesparten Klimagase selbst anzurechnen. So könnte ein Land wie Deutschland ein Solarkraftwerk in einem Entwicklungs- oder Schwellenland finanzieren, um die Nutzung fossiler Energieträger zu verringern, und sich diese Emissionseinsparung auf sein NDC-Konto anrechnen lassen.

 

 

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