Putin droht Berlin mit Ausweisung deutscher Diplomaten
Im Streit über den mutmaßlichen Auftragsmord in Berlin warnt Russlands Präsident vor Konsequenzen für deutsche Diplomaten. Den getöteten Georgier nennt er einen Banditen.
Nach der Ausweisung zweier russischer Diplomaten aus Berlin hat der russische Präsident Wladimir Putin Deutschland mit Vergeltung gedroht. "Es gibt eine Regel: Ihr habt unsere Diplomaten ausgewiesen, wir weisen eure Diplomaten aus", sagte Putin nach dem Ukraine-Gipfel bei der gemeinsamen Pressekonferenz der Staats- und Regierungschefs in Paris. Die Äußerungen des Kreml-Chefs stießen in Deutschland auf scharfe Kritik.
Die russischen Diplomaten hätten "nichts" mit dem mutmaßlichen Auftragsmord an einem Georgier im Berliner Kleinen Tiergarten im Sommer zu tun, sagte Putin in Paris. Der Tote sei ein gesuchter Kämpfer gewesen und einer der Organisatoren der Anschläge in der Moskauer Metro. Er sei "sehr brutal und blutrünstig" gewesen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, sie habe das Thema bei ihrem bilateralen Treffen mit Putin in Paris angesprochen und den russischen Präsidenten zur Kooperation aufgefordert. "Ich gehe davon aus, dass die russische Seite uns ihre Informationen zur Verfügung stellt", sagte die Kanzlerin. "Jedenfalls fände ich das gut."
Auch Putin sagte, wegen der Sache müsse es nicht unbedingt eine diplomatische Krise geben. "Wir müssen unseren deutschen Kollegen helfen", unterstrich er.
In Deutschland stießen Putins Äußerungen zu dem Vorfall auf scharfe Kritik. Manuel Sarrazin, Sprecher für Osteuropapolitik der Grünen-Bundestagsfraktion, erklärte, Putin habe bei der Pressekonferenz "seine tiefsitzende Abneigung gegenüber rechtsstaatlichen Prinzipien und internationaler Zusammenarbeit" gezeigt. Die Einlassungen des russischen Präsidenten "könnte man schon fast als indirektes Eingeständnis verstehen".
Sarrazin rief die Bundesregierung zu einer Änderung ihrer Russlandpolitik auf. "Wir können nicht dulden, dass der Kreml mordend durch die Europäische Union zieht und politische Gegner exekutiert, ohne ernsthafte Konsequenzen zu befürchten."
Der Russlandbeauftragte der Bundesregierung, Dirk Wiese (SPD), verteidigte nach Putins Äußerungen die Ausweisung von zwei russischen Diplomaten. Er forderte in der "Saarbrücker Zeitung" vom Mittwoch eine "ernsthafte und unverzügliche Mitwirkung der russischen Behörden an der Aufklärung der Tat".
Auch der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen zeigte sich irritiert über Putins Aussagen. "Auffällig ist, wie gut Putin die Identität des ermordeten Georgiers bekannt zu sein scheint", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwochsausgaben). "Zum Mord selbst hat Putin kein Wort verloren."
Der Generalbundesanwalt hatte am vergangenen Mittwoch die Ermittlungen zu dem mutmaßlichen Auftragsmord im Kleinen Tiergarten in Berlin übernommen. Er verfolgt den Anfangsverdacht, dass staatliche Stellen in Russland hinter der Tat vom August dieses Jahres stecken. Die Bundesregierung wies im Zusammenhang mit dem Fall zwei russische Diplomaten aus - Moskau kündigte daraufhin "Vergeltungsmaßnahmen" an.
Das 40-jährige Opfer war im August im Kleinen Tiergarten in Berlin erschossen worden. Ein 49-jähriger Verdächtiger wurde festgenommen und sitzt in Untersuchungshaft. Das Opfer soll im sogenannten zweiten Tschetschenienkrieg gegen Russland gekämpft haben. Laut Bundesanwaltschaft wurde der 40-Jährige von russischen Behörden als Terrorist eingestuft und verfolgt.
Wegen des Falls erklärte das Auswärtige Amt zwei russische Diplomaten zu unerwünschten Personen. Moskau kündigte bereits damals "Vergeltungsmaßnahmen" an.