200 Tote bei Protesten im Iran
Die Menschenrechtsorganisation geht davon aus, dass während der Proteste im November Hunderte Menschen starben. Irans Führung widerspricht dem und meldet fünf Tote.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International geht davon aus, dass während der regierungskritischen Proteste im Iran mehr als 200 Menschengetötet wurden. Auf der Grundlage "glaubwürdiger Berichte" sprach Amnesty von "mindestens 208 Toten" und fügte hinzu, dass die reale Zahl der Getöteten wahrscheinlich höher liege. Vor einer Woche hatte die Organisation von mindestens 143 Toten gesprochen.
Die landesweiten Proteste wurden am 15. November durch eine Entscheidung der Regierung von Präsident Hassan Ruhani zur drastischen Erhöhung der Benzinpreise ausgelöst. Dabei wurden zahlreiche Tankstellen, Bankfilialen und Polizeiwachen verwüstet sowie Geschäfte geplündert. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) warf der Regierung in Teheran Ende November vor, das Ausmaß der Gewalt zur Unterdrückung der Proteste gezielt zu verschleiern.
Die iranische Regierung gibt die Zahl der bei Zusammenstößen zwischen Demonstrierenden und Sicherheitskräften getöteten Menschen mit fünf an. Sie widerspricht der Darstellung von Amnesty International vehement. Die USA hatten iranische Bürger aufgefordert, über das Internet Informationen zu den Protesten ins Ausland zu leiten. US-Außenminister Mike Pompeo sagte, es seien bereits 20.000 Nachrichten mit Videos, Fotos und Notizen eingegangen.
"Verschwörung" des Auslands
Die iranische Führung sprach im Zuge der Proteste von einer "Verschwörung" des Auslands. Ajatollah Ali Chamenei sagte dies laut Staatsmedien während einer Ansprache an Mitglieder der Revolutionsgarde, die bei der Niederschlagung der Proteste beteiligt war. Der oberste politische und religiöse Führer des Iran machte die USA zum Teil für die Massenproteste verantwortlich, ohne Beweise dafür vorzulegen.
Dennoch scheint der Wächterrat auf die Unruhen zu reagieren. Er will vor der kommenden Parlamentswahl weniger Kandidaten ausschließen als bei vorausgegangenen Wahlgängen. "Vor der kommenden Parlamentswahl versuchen wir, weniger Fehler zu machen und die Rechte der Kandidaten zu wahren", sagte der Sprecher des Rats Abbas Ali Kadchodai. Kürzlich wurde die Registrierung der Bewerber für den Wahlgang am 21. Februar eröffnet.
Bei der Parlamentswahl im Februar 2016 ließ der Wächterrat für die 290 Parlamentssitze zwar 6.229 Kandidaten zu. Allerdings waren dies nur 51 Prozent der Bewerber, die ihre Kandidatur angemeldet hatten. "Wir schotten uns nicht von Kritik ab", sagte Kadchodai. "Wir können zugestehen, dass in der Vergangenheit Fehler gemacht wurden." Er äußerte die Erwartung, dass bei einer höheren Zahl von Bewerbungen auch die Wahlbeteiligung höher ausfallen werde.