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Krieg in Nordsyrien: Neue Flüchtlingswelle von Kurden in Deutschland erwartet

Mittwoch 23.Oktober.2019 - 08:10
Die Referenz
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Berlin (Fr) - Die Kurdische Gemeinde Deutschland (KGD) rechnet mit einer großen Flüchtlingsbewegung von Kurden nach Deutschland. „Die Menschen werden alles dafür tun, nach Europa und nach Deutschland zu kommen“, sagte der Gründer und Vizevorsitzende der KGD, Mehmet Tanriverdi, der Frankfurter Rundschau am Dienstag.

Nach den Angriffen der türkischen Armee auf die kurdische Region im Norden Syriens seien mehr als 200 000 Menschen auf der Flucht, berichtete Tanriverdi. Die Zahl steige jeden Tag. „Wir rechnen mit einer Million Flüchtlingen.“ Viele Menschen flüchteten in die kurdische Region im Nordirak, die aber keine Menschen mehr aufnehmen könne. Die weitere Entwicklung hänge wesentlich davon ab, „ob die türkische Regierung ihre Drohung wahr macht und die Angriffe fortsetzt“, sagte Tanriverdi.

In Deutschland leben nirgends so viele Kurden wie in Nordrhein-Westfalen, wo laut KGD rund 400 000 der etwa 1,3 Millionen Kurden in Deutschland wohnen. „Viele Flüchtlinge aus Nordsyrien haben Angehörige in NRW, die seit Jahrzehnten in Deutschland zu Hause sind. Sie sind für die Flüchtlinge natürlich jetzt die wichtigsten Ansprechpartner“, sagte Generalsekretär Cahit Basar dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Die Grünen im Düsseldorfer Landtag forderten die schwarz-gelbe Landesregierung dazu auf, sich auf die neue Lage einzustellen. Ihre Integrationspolitikerin Berivan Aymaz nannte es „voreilig“, dass NRW-Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) den Abbau von Flüchtlingsunterkünften angekündigt habe. Ibrahim Yetim, Integrationsexperte der SPD, sagte: „Herr Stamp hat nicht nachgedacht, als er das tat“.

Flüchtlinge - genug Plätze in Hessen
Der FDP-Politiker wies diesen Vorwurf zurück. Man könne derzeit nicht prognostizieren, ob es aufgrund der dramatischen Situation in Nordsyrien mehr Flüchtlinge in NRW geben werde. „Wir haben aber bewusst die Plätze in den Landesunterkünften nur moderat gesenkt“, sagte Stamp. NRW stelle derzeit rund 21.000 Plätze für die Unterbringung von Asylsuchenden bereit. Darüber hinaus gebe es 9000 Stand-by-Plätze. In Hessen, wo etwa 125 000 Kurden zu Hause sind, besteht nach Einschätzung der Kurdischen Gemeinde keine Knappheit an Unterkünften. Das sieht auch Sozialminister Kai Klose (Grüne) so. Sein Ministerium teilte auf Anfrage mit, für die Erstaufnahme stünden 6480 Plätze bereit, von denen rund 2200 belegt seien. Der Zugang an Asylsuchenden sei seit Jahresbeginn nahezu konstant. Aktuell sei kein deutlicher Anstieg der Zugangszahlen zu verzeichnen.

Der hessische CDU-Integrationspolitiker Ismail Tipi rechnet mit „einigen Tausend Menschen, die sich auf den Weg machen“. Er befürchte, dass sich Auseinandersetzungen zwischen PKK-nahen Kurden und türkischen Migranten in Deutschland verstärken könnten, sagte er der FR. Tipi hält es wie sein SPD-Kollege Turgut Yüksel für vordringlich, dass der Krieg um Nordsyrien beendet wird. „Solange Krieg dort herrscht, werden weiterhin Flüchtlinge nach Europa kommen“, sagte Yüksel.
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