Die Rückkehrer des islamischen Staates spalten Deutschland in zwei Blockaden
Montag 21.Oktober.2019 - 07:24
Berlin (Spiegel) - In Syrien waren einer internen Auflistung der Bundesregierung zufolge zuletzt 84 Anhänger des "Islamischen Staats" (IS) mit deutschem Pass inhaftiert. Ein Drittel von ihnen wird als Gefährder eingestuft, 19 Männer und acht Frauen. Was geschieht mit jenen, die in kurdischen Gefängnissen im Norden Syriens einsitzen? Der militärische Vorstoß der Türkei gegen die Kurden macht die Frage akut.
Eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für den SPIEGEL zeigt nun, dass die Deutschen in dieser Frage gespalten sind. Weder für noch gegen eine Rückholaktion der deutschen IS-Kämpfer aus kurdischen Gefängnissen zeichnet sich eine klare Mehrheit ab. Rund 32 Prozent sprechen sich dabei sehr entschieden - "ja, auf jeden Fall" - für die Heimkehr aus, 37 Prozent hingegen sagen: "Nein, auf keinen Fall."
Vor wenigen Tagen hatten die kurdischen Streitkräfte erklärt, der Kampf gegen den IS sei vollständig ausgesetzt. Wie lange aber werden die Kurden die Gefängnisse noch kontrollieren oder sichern können? Nach SPIEGEL-Informationen sind bereits mindestens vier Frauen aus Deutschland aus einem Internierungslager in Nordsyrien entkommen.
Niedersachsens SPD-Innenminister Boris Pistorius hatte jüngst im SPIEGEL-Interview gesagt, Deutschland könne sich nicht vor seiner Verantwortung "drücken", seine eigenen Staatsbürger auch zurückzunehmen. Es gehöre "zur Glaubwürdigkeit des deutschen Rechtsstaats, dass wir Straftäter in einem ordentlichen Gerichtsverfahren hier in Deutschland verurteilen".
US-Präsident Donald Trump hatte Anfang des Jahres Druck auf Deutschland und andere EU-Länder ausgeübt und gefordert, ihre mehr als 800 IS-Kämpfer zurückzunehmen. Die meisten Länder hatten sich geweigert. Aus Deutschland hieß es, die Staatsbürgerschaft müsse zuvor einwandfrei geklärt sein, dies sei aber aktuell nicht möglich. Außenminister Heiko Maas (SPD) sagte, so einfach, "wie man sich das in Amerika vorstellt", sei es nicht.
Im Juli hatte das Berliner Verwaltungsgericht entschieden, dass die Bundesregierung Angehörige von IS-Kämpfern zurückholen muss, im August kamen so erstmals vier Kinder aus dem Norden Syriens nach Deutschland.
In der Anhängerschaft von CDU, CSU und FDP zeigt sich ein gegensätzliches Meinungsbild. Potenzielle AfD-Wähler sprechen sich mit sehr großer Mehrheit gegen die Rückkehr von IS-Kämpfern aus. Ein signifikanter Ost-West-Unterschied ist nicht festzustellen.