Merkel zu Flüchtlingsabkommen mit der Türkei: „Ein Ende des Abkommens macht die Dinge nicht besser“
Freitag 18.Oktober.2019 - 02:50
Berlin (Welt) - Vor ihrer Reise zum EU-Gipfel nach Brüssel hat Bundeskanzlerin Angela Merkel im Bundestag eine Regierungserklärung abgegeben. Dabei ging es neben dem Brexit auch um die aktuelle Lage in der Türkei und Nordsyrien. Merkel bekräftigte ihre Forderungen an die Erdogan-Regierung, „die Militäroffensive umgehend zu beenden“. Diese bringe „bei allen nachvollziehbaren Sicherheitsinteressen nur neues menschliches Leid mit sich, ein humanitäres Drama mit großen geopolitischen Folgen“.
Das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei stellt die Kanzlerin dagegen nicht infrage: „Ich kenne alle Kritik an diesem Abkommen, werde mich aber weiter dafür einsetzen, dass es bestehen bleibt. Es rettet Leben, und zwar sehr konkret in der Ägäis, und verhindert, dass Schlepper und Schleuser wieder die Oberhand gewinnen. Die Menschen können in der Türkei ein würdiges Leben führen, nah ihrer Heimat“, betonte Merkel und ergänzte: „Finanzielle Mittel der Europäischen Union und Deutschlands haben dazu beigetragen, dass fast alle syrischen Kinder in der Türkei in die Schule gehen können. Wir dürfen uns unserer Verantwortung deshalb auch jetzt nicht entziehen. Ein Ende des Abkommens macht die Dinge kein Jota besser, es verschärft die Lage nur auf dem Rücken der Schwächsten.“
Deswegen werde Deutschland vorerst keine weiteren Waffen an die Türkei liefern – wobei Merkel nicht erwähnte, dass bereits genehmigte Geschäfte von dem Lieferstopp nicht betroffen sind. „Die Rolle Russlands in der Region, zusammen mit dem Iran, verstärkt sich massiv – die Folgen davon sind noch nicht absehbar. Wir sind überzeugt, dass die türkischen Sicherheitsinteressen an ihren Grenzen nicht durch militärische Mittel, sondern nur durch diplomatische Mittel gut zu erreichen sind“, erklärte Merkel.
Neben aller Kritik am aktuellen türkischen Vorgehen streute Merkel auch ein Lob ein. „Wir müssen sehen, dass 3,6 Millionen Syrer in der Türkei Zuflucht gefunden haben – damit leistet die Türkei einen außerordentlich wichtigen humanitären Beitrag, womit sie auch uns in Europa beschämt.“