Seehofer kündigt sechs Maßnahmen gegen Rechtsextremismus an: "Nun auch Taten folgen lassen"
Freitag 18.Oktober.2019 - 02:48
Berlin (DW) - Mit einem Maßnahmenpaket gegen Rechtsextremismus will die Bundesregierung auf den rechtsterroristischen Anschlag in Halle reagieren. Nach der Betroffenheit, der Trauer und dem Leid in der vergangenen Woche müsse man "auch wirklich Taten folgen lassen", sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) im Bundestag. In der kurzfristig angesetzten Debatte zur Bekämpfung von Antisemitismus stellte er ein Maßnahmenpaket vor, das er am Freitag auch bei einem Sondertreffen mit den Innenministern der Länder besprechen will.
Dazu gehören ein besserer Schutz jüdischer Einrichtungen und Pläne für mehr Personal zur Bekämpfung von Rechtsextremismus für das Bundeskriminalamt und das Bundesamt für Verfassungsschutz. Zudem kündigte der Innenminister eine konsequente Prüfung zum Verbot rechtsextremistischer Vereinigungen an. Seehofer stellte sich zudem hinter die Forderung von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD), die Anbieter von Internetplattformen verpflichten will, Morddrohungen und Volksverhetzungen an die Strafverfolgungsbehörden zu melden.
Auch Lambrechts Forderung nach einer Verschärfung im Waffenrecht stimmte Seehofer zu. "Waffen gehören nicht in die Hände von Extremisten", betonte Lambrecht in der Bundestagsdebatte. Per Abfrage bei den Sicherheitsbehörden will sie das künftig ausschließen. Lambrecht forderte zudem eine Strafverschärfung für Beleidigungen in sozialen Netzwerken, weil diese ein viel größeres Publikum hätten. Seehofer kündigte zudem Verbesserung bei der Prävention von Rechtsextremismus und Antisemitismus an.
Mögliche Mitschuld der AfD
Vielleicht habe der Täter allein gehandelt, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich. "Aber er wird getragen von einem System der Hetze, des Chauvinismus und des Rechtsextremismus. Und die AfD ist Teil dieses Systems." Mitten in den Reihen der AfD säßen Abgeordnete, die "widerliche Kommentare" über die Opfer des Anschlags verbreitet hätten. Seehofer sagte zu AfD-Fraktionschef Alexander Gauland: "Ich fordere Sie einfach auf: Distanzieren Sie sich von solchen Äußerungen."
Während der Bundestagssitzung entbrannte ein Streit über den Umgang der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD) mit dem Anschlag in Halle mit zwei Toten. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble verurteilte zu Beginn der Sitzung, dass in Reaktionen auf Twitter "auf diese von Judenhass getriebene Tat weiter mit Ab- und Ausgrenzung von Menschen gespielt wird". Mit dem Teilen dieser Reaktionen stelle man sich außerhalb des Grundkonsens', sagte er.
Gauland weigerte sich jedoch strikt, dies zu tun: "So lange ein Mitglied der Bundesregierung sagen kann, die AfD sei der politische Arm des Rechtsterrorismus, entschuldige ich mich hier für nichts." Wenn dies so wäre, "dann wären Sie der politische Arm des islamistischen Terrors", sagte er an die Adresse der Bundesregierung mit Blick auf die Migrations- und Asylpolitik. "Ich gestatte mir an dieser Stelle schon mal die Frage, wer denn das Klima geschaffen hat, das den Anschlag vom Breitscheidplatz möglich gemacht hat."
Bei dem Anschlag von Halle am 9. Oktober hatte ein schwer bewaffneter Mann zwei Menschen erschossen und auf der Flucht zwei weitere schwer verletzt. Der Täter hatte zuvor versucht, in die Synagoge einzudringen, was misslang. Der 27-Jährige handelte nach eigener Aussage aus antisemitischen und rechtsextremistischen Motiven.
Auslöser für den Streit war der Vorsitzende des Rechtsausschusses des Bundestags, Stephan Brandner von der AfD. Er hatte unter anderem auf Twitter die Nachricht eines anderen Nutzers weiterverbreitet. Dieser hatte geschrieben, die Opfer von Halle seien "eine Deutsche, die gerne Volksmusik hörte" und "ein Bio-Deutscher" gewesen. "Warum lungern Politiker mit Kerzen in Moscheen und Synagogen rum?"