Herausgegeben vom CEMO Centre - Paris
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Merkel: „Der Klimaschutz wird Geld kosten & wir haben Chancen auf einen Brexit-Deal“

Mittwoch 11.September.2019 - 03:14
Die Referenz
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Berlin (Welt) - Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in ihrer Rede vor dem Bundestag das Parlament auf zwei große Herausforderungen eingeschworen: die Digitalisierung und die „große Herausforderung“ des Klimaschutzes, den sie als eine „Menschheitsaufgabe“ begreife. Diese Aufgabe werde teuer.

„Der Klimaschutz wird Geld kosten. Dieses Geld ist gut eingesetzt. Wenn wir ihn ignorieren, wird es uns mehr kosten“, warnte Merkel. Einen Zwischenruf aus dem Grünen-Block kommentiert sie mit einem Schmunzeln.

Um die Klimaaufgabe zu lösen, müsse Deutschland auf Innovation, Forschung, auf technische Lösungen, aber auch auf die Mechanismen der sozialen Marktwirtschaft setzen. „Deshalb ist das Thema der Bepreisung ... ein Mechanismus, der Innovation auch dort stattfinden lässt, was wir uns in der Politik gar nicht ausdenken können.“ Teile der deutschen Wirtschaft seien in der Frage, wie sie CO2 einsparen könnten, schon jetzt „weiter, als manche hier in diesem Hause“.

Um den Ausbau der erneuerbaren Energien voranzutreiben, kündigte sie an, Gerichtsverfahren und Einsprüche zu verkürzen. Kommunen, in deren Nähe Windkraftanlagen gebaut werden, müssten am Gewinn beteiligt werden. „Wir müssen eine Art Arroganz verhindern derer, die in der Stadt leben, gegenüber denjenigen, die auf dem Land leben. Wir müssen ein neues Bündnis von ‚Stadt und Land‘ schaffen“, sagte Merkel.

Auch im Verkehr müsste mehr passieren. Merkel verwies darauf, dass es in der Vergangenheit keine Entkopplung der Verkehrsemissionen mit der Wirtschaftsentwicklung gegeben habe – und sich deshalb die Emissionen seit 1990 nicht reduziert hätten. Deshalb stehe für sie der Aufbau alternativer Antriebe im Fokus. Der Aufbau der Ladestationen müssen vorangetrieben werden.

Sie appellierte an alle Skeptiker, dass Deutschland aufgrund seiner jahrzehntelangen hohen Emissionen besonders in der Verantwortung stehe. „Wir dürfen nicht den nationalen gegen den internationalen Klimaschutz ausspielen.“

Brexit: „Wir haben noch alle Chancen“

Zu Anfang ihrer Rede hatte Merkel auf die internationalen wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen verwiesen, denen sich Deutschland stellen müsse. Global gebe es völlig neue Muster der Kräfteaufteilung mit der „Supermacht USA“, einem wiedererstarkten Russland und einem China, das seine Entwicklung mit „unglaublicher Entschlossenheit“ vorantreibe. Gleichzeitig stünden „wir als Europäer durch den Brexit geschwächt da“.

Deutschland werde alles dafür geben, um ein No-Deal-Szenario zu vermeiden. „Wir haben noch alle Chancen, das geordnet hinzubekommen.“ Gleichzeitig sei man auf einen ungeordneten Austritt der Briten aus der EU vorbereitet. Danach gebe es trotz aller Freundschaft einen neuen wirtschaftlichen Wettbewerber „vor der eigenen Haustür“.

Sie warnte zudem vor der Lage in Libyen, wo sich eine Situation mit ähnlichen Ausmaßen entwickeln könne wie in Syrien, „ein Stellvertreterkrieg ... Die gesamte Situation in Afrika wird destabilisiert, wenn Libyen nicht stabilisiert wird.“

Gleichzeitig bereitete sie das Parlament auf höhere Verteidigungsausgaben vor. Um das atlantische Bündnis zu stärken, sei es wichtig, dass Deutschland im militärischen Bereich seine Verpflichtungen erfülle, betonte sie mehrfach. Es gebe „keinen Automatismus mehr wie im kalten Krieg, dass die Vereinigten Staaten die Beschützerrolle für uns Europäer übernehmen“.

An den Mittelstand appellierte sie, sein Datenmanagement zu verbessern. „Wir müssen vor allem technologisch wieder auf die Höhe der Zeit kommen. Wir sind das nicht mehr, wir müssen uns das eingestehen“, sagte sie. Die Produktion von Gütern sei nicht mehr der alleinige Grund der Wertschöpfung.

Merkel lobte zudem, was die Bundesregierung bisher erreicht habe. Zum Beispiel sei die kalte Progression abgeschafft worden. Ihr Eigenlob wurde von FDP-Chef Christian Lindner kommentiert. „Das hat doch selbst der Bund der Steuerzahler gestern gesagt, Herr Lindner. Sie waren doch dabei“, verteidigte sich Merkel, „die sagen doch sonst nichts Gutes über uns.“

Zum Schluss ihrer Regierungserklärung rief die Kanzlerin zu „null Toleranz“ gegen Rassismus und Hass auf: „Das, was wir täglich erleben, Angriffe auf Juden, Angriffe auf Ausländer, Gewalt und auch verhasste Sprache, das müssen wir bekämpfen.“

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