Merkel in China: Bundeskanzlerin fordert friedliche Lösung für Hongkong
Freitag 06.September.2019 - 03:31
Peking (mfh/Reuters/dpa) - Sie ist die erste westliche Regierungschefin, die seit Beginn der Proteste in Hongkong nach China reist. Wie sich Bundeskanzlerin Angela Merkel zu den Unruhen in der chinesischen Sonderverwaltungszone äußern würde, war mit Spannung erwartet worden.
In Peking mahnte sie eine friedliche Lösung der Spannungen in Hongkong an. Sie habe mit Ministerpräsident Li Keqiang angesichts der seit Monaten anhaltenden Massenproteste der Demokratiebewegung über das Thema gesprochen, sagte Merkel.
Das Grundsatzabkommen Großbritanniens mit China zur Übergabe der ehemaligen Kronkolonie gelte weiter. Deshalb müssten den Bürgern in Hongkong "Rechte und Freiheiten" gewährt werden. Es müsse in der jetzigen Situation alles daran gesetzt werden, Gewalt zu vermeiden. Es gebe Anzeichen, dass die Regierungschefin in Hongkong nun einen Dialog ermögliche. Sie hoffe, dass daran auch Vertreter der Demonstranten "im Rahmen bürgerlicher Freiheiten" teilnehmen könnten.
Auf die Frage, ob er ein militärisches Eingreifen Chinas ausschließe, sagte Ministerpräsident Li lediglich, dass die Zentralregierung in Peking Hongkongs Regierung "im Rahmen der Gesetze" unterstützen werde, Chaos zu beenden und Ordnung wieder herzustellen. Man könne China vertrauen, da es die "Weisheit" dafür habe.
Die Äußerung wird als Hinweis gewertet, dass Peking möglicherweise im Falle einer Eskalation statt der Entsendung von Soldaten versuchen könnte, einen Ausnahmezustand in der Sonderverwaltungszone ausrufen zu lassen. Für das Wochenende sind neue Demonstrationen geplant.
Opposition fordert klare Linie von Merkel
Zuvor hatte der Studentenführer Joshua Wong in einem offenen Brief an Merkel appelliert, sich für die Demonstranten in Hongkong einzusetzen. Zudem warnte er Merkel, mit China Geschäfte zu machen, da das Land das internationale Völkerrecht nicht einhalte. Die Kanzlerin hatte darauf zurückhaltend reagiert.
Mitglieder der Opposition im Bundestag forderten daraufhin eine klare Linie von der Kanzlerin. Der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff sagte: "Gerade jetzt muss die Bundeskanzlerin mit Nachdruck die Einhaltung der chinesisch-britischen Erklärung von 1984, die Wahrung der vertraglich zugesicherten Bürgerrechte und die Achtung des Prinzips "Ein Land, zwei Systeme" anmahnen".
Sollte China gegenüber den friedlichen Demonstranten in Hongkong gewaltsame Maßnahmen wie 1989 auf dem Platz des Himmlischen Friedens ergreifen, müsse Deutschland das gemeinsam mit den europäischen Partnern verurteilen.
China verweigert deutschen Korrespondenten Zugang zur Pressekonferenz
Am Rande des Besuchs der Bundeskanzlerin kam es zu einem Eklat um die Zulassung deutscher Journalisten. Die chinesische Seite verweigerte deutschen Korrespondenten eine Teilnahme an der gemeinsamen Pressebegegnung von Merkel und Premier Li Keqiang, die nach ihren Gesprächen geplant war.
Bei der Pressekonferenz in der Großen Halle des Volkes könnten aus "Kapazitätsgründen" nur die aus Deutschland mitgereisten deutschen Journalisten teilnehmen, hieß es von chinesischer Seite. Die in Peking lebenden Korrespondenten durften nicht in den Raum, das galt auch für andere internationale Journalisten. Es ist das erste Mal, dass deutsche Journalisten von der chinesischen Regierung von einer solchen Pressebegegnung ausgeschlossen wurden.