Herausgegeben vom CEMO Centre - Paris
ad a b
ad ad ad

Orban lobt Merkel und wirbt für EU-Einheit

Montag 19.August.2019 - 10:07
Die Referenz
طباعة
Berlin (Welt) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den Ungarn für die Unterstützung bei der Öffnung der Grenzen 1989 und bei der folgenden deutschen Einheit gedankt. Das von der ungarischen Seite ermöglichte Paneuropäische Picknick sei zum Symbol für die großen Freiheitsbewegungen damals geworden, sagte Merkel im ungarischen Sopron bei einem Festakt zum 30-jährigen Jubiläum des historischen Tags.

„Aus dem Picknick wurde die größte Massenflucht aus der DDR seit dem Bau der Mauer 1961. Aus dem Picknick wurde ein Weltereignis“, sagte sie. Mehr als 600 DDR-Bürgern war am 19. August 1989 die Flucht über die für das Picknick kurzzeitig geöffnete Grenze gelungen. Das Geschehen war der Vorbote zum Fall der Berliner Mauer im November.

„Sopron ist ein Beispiel dafür, wie viel wir Europäer erreichen können, wenn wir für unsere unteilbaren Werte mutig einstehen“, sagte Merkel in der evangelischen Kirche von Sopron.

In Anwesenheit von Ungarns Regierungschef Viktor Orbán mahnte sie die Kompromissfähigkeit der EU-Staaten gerade in strittigen Fragen an. „Wir sollten uns stets bewusst sein, dass nationales Wohl immer auch vom europäischen Gemeinwohl abhängt.“ Ungarn gehört zu den EU-Ländern, die gerade in der Migrationsfrage ihre nationalen Interessen unnachgiebig verteidigen. Orbán fährt seit Jahren einen strikten Kurs gegen Zuwanderung.

Vor allem in der Flüchtlingspolitik trennen die beiden Regierungschefs „Meinungsverschiedenheiten“, wie Regierungssprecher Steffen Seibert vor dem Treffen einräumte. Bei den geplanten Gesprächen zwischen Merkel und Orbán sollte es laut Seibert um aktuelle politische Ereignisse gehen. Das letzte Treffen zwischen Orbán und Merkel liegt mehr als ein Jahr zurück. Damals hatte Merkel Orbán zu mehr „Menschlichkeit“ in der Migrationspolitik aufgerufen.

Der rechtsnationale Regierungschef sagte mit Blick auf die deutsch-ungarischen Verstimmungen in seiner Rede, Europas Einheit solle nie als „vollendet“ betrachtet werden. Vielmehr müsse sie „von Konflikt zu Konflikt“ stets neu erschaffen werden. Weiterhin hatte auch Orbán viel Lob für Merkel. Sie genieße „die Wertschätzung der ungarischen Nation“, zumal sie stets für den europäischen Zusammenhalt gearbeitet habe und immerhin zum vierten Mal zur Bundeskanzlerin gewählt worden sei, sagte Orbán in seiner Rede.

Kurzes Programm zum Festakt

Die Ungarn hätten immer gewusst, dass die eigene Befreiung von den Sowjets nur durch die deutsche Wiedervereinigung gelingen könne. Daher sei der deutsche Wiedervereinigungsgedanke seinerzeit in Ungarn mehr unterstützt worden als in Deutschland.

Nach dem Festakt trafen sich Merkel und Orbán beim Mittagessen im Rathaus der Stadt zu einem kurzen Gespräch. Später ist eine gemeinsame Pressekonferenz geplant. Dieses knappe Programm gilt als Zeichen dafür, wie sehr das deutsch-ungarische Verhältnis derzeit abgekühlt ist.
"