Kampf um Parteivorsitz: Olaf Scholz will SPD-Chef werden
Freitag 16.August.2019 - 11:04
Berlin (Welt) - Bundesfinanzminister Olaf Scholz ist bereit, für den SPD-Vorsitz zu kandidieren. Das berichten übereinstimmend das ZDF Und das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. Scholz habe seine Kandidatur diese Woche in einer Telefonschaltkonferenz mit den drei Interimsvorsitzenden angeboten, berichtete das Magazin am Freitag. Nach dem Rücktritt von Andrea Nahles hatte Scholz zunächst gesagt, er sehe neben dem Ministeramt keinen Raum für das Amt des SPD-Vorsitzenden. Wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtet, will Scholz seine Regierungsämter trotz Kandidatur behalten.
Der 59-jährige Pistorius ist seit 2013 Ressortchef in Hannover und gilt als einer der profiliertesten Innenpolitiker der SPD. Zuvor war er Oberbürgermeister in Osnabrück. Im Interview mit WELT AM SONNTAG sagte Pistorius Ende Juni, wenn er überhaupt antrete, dann im Tandem. Zwar bestätigte er, einer Doppelspitze skeptisch gegenübergestanden zu haben. „Aber in der SPD gibt es offenbar den großen Wunsch nach dieser Lösung“, sagte er. „Es kann eine Chance sein. Ob wir sie nutzen, wissen wir erst hinterher.“
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs begrüßte diese Pläne: „Olaf Scholz hat Augenhöhe und Durchschlagskraft gegenüber Merkel, Söder und Kramp-Karrenbauer“, sagte der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises am Freitag. „Er kann unsere SPD-Anliegen durchsetzen.“
Zuvor kündigten der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius und die sächsische Integrationsministerin Petra Köpping ihre Kandidatur an, wie der „Spiegel“ und die Nachrichtenagentur dpa berichten.
Die 61 Jahre alte Köpping ist in Dresden seit 2014 Staatsministerin für Gleichstellung und Integration. Vor allem Pistorius hebt sich von den bisherigen Bewerbern ab, die überwiegend auf dem linken Flügel der SPD verortet sind. Sie hat sich vor allem im Osten einen Namen gemacht. Den beiden werden parteiintern im Vergleich zu dem bekannten Bewerberfeld die bisher größten Chancen eingeräumt. Bis zum Ende der Bewerbungsfrist am 1. September wird allerdings mit weiteren prominente Interessenten gerechnet.
Bisher hatten vier Frauen und sechs Männer ihr Interesse angemeldet, größtenteils in Zweierteams. Echte Parteiprominenz – etwa aus dem Bundeskabinett fehlt bisher: Familienministerin Franziska Giffey erklärte am Donnerstag ihren Verzicht. Zudem hat nur ein Bewerber-Duo die formale Hürde zur Zulassung der Kandidatur genommen: Nötig ist die Unterstützung von fünf Unterbezirken oder einem Bezirks- oder Landesverband.
GESINE SCHWAN UND RALF STEGNER waren die letzten neuesten Gesichter im Bewerber-Reigen. Sie wollen am Freitagmittag ihre inhaltlichen Schwerpunkte vorstellen. Der 59-jährige Stegner, der immer wieder mit zugespitzten Formulierungen für Schlagzeilen sorgt, koordiniert seit Jahren den linken SPD-Flügel und ist seit 2014 Parteivize. Der „GroKo“ steht er skeptisch gegenüber. Die 76-jährige Schwan, die zweimal als Kandidatin für das Bundespräsidentenamt scheiterte, ist Chefin der Grundwertekommission ihrer Partei. Sie hatte zuletzt mehrmals öffentlich mit einer Kandidatur geliebäugelt und dabei für eine Rückbesinnung auf Kernthemen der SPD geworben.
SIMONE LANGE UND ALEXANDER AHRENS, die Oberbürgermeister von Flensburg und Bautzen, wollen die SPD wieder näher an die Bürger bringen. Lange, eine frühere Kriminalpolizistin, war im April 2018 bereits gegen die damalige Parteivorsitzende Andrea Nahles angetreten und hatte deren Wiederwahl durch einen Achtungserfolg von knapp 28 Prozent getrübt. Ahrens hatte die SPD zwischenzeitlich verlassen, wurde als parteiloser Kandidat zum Bautzener Stadtchef gewählt und trat 2017 wieder in die SPD ein.
KARL LAUTERBACH UND NINA SCHEER werben mit ihrer Kampagne „Sozial. Ökologisch. Klar“ unter anderem für ein Ende der großen Koalition. Lauterbach ist als langjähriger Gesundheitsexperte seiner Fraktion bekannt, Scheer widmet sich vor allem umwelt- und energiepolitischen Fragen.
ROBERT MAIER und HANS WALLOW gehen als bislang einzige Einzelkandidaten ins Rennen. Maier ist Unternehmer und Vizepräsident des SPD-Wirtschaftsforums. Er wendet sich gegen einen „Linksruck“ der SPD. Wallow saß in den 80er und 90er Jahren für die SPD im Bundestag und würde der Partei gerne seine „lange Erfahrung sowohl in der praktischen Politik als auch in grundsätzlichen Fragen“ zur Verfügung stellen, wie der 79-Jährige in einem Interview sagte.
ALS MÖGLICHE KANDIDATEN werden daneben eine ganze Reihe von Spitzenpolitikern gehandelt: Generalsekretär Lars Klingbeil hält sich alle Optionen offen, genau wie der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert. Bundesaußenminister Heiko Maas nennt den Spitzenposten eine „Verlockung“ – sagt bislang aber nicht, ob er dieser erliegen könnte.