Iran-Konflikt: USA bitten Deutschland förmlich um Beteiligung an Hormus-Mission
Berlin (FAZ) - Die USA haben Deutschland nach eigenen Angaben darum gebeten, sich an der Sicherung des Handelsverkehrs in der Straße von Hormus zu beteiligen. "Wir haben Deutschland förmlich gefragt, zusammen mit Frankreich und Großbritannien bei der Sicherung der Straße von Hormus mitzuhelfen und iranische Aggression zu bekämpfen", teilte eine Sprecherin der US-Botschaft in Berlin mit.
Die Bundesregierung hatte bisher erklärt, dass ihr noch keine Anfrage von Verbündeten zur Beteiligung an einer Militärmission zum Schutz der Handelsschiffe in der Straße von Hormus vorliege. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hatte gesagt, jede Anfrage müsse "aus der ganz konkreten Situation und unter Abwägung aller Punkte" beantwortet werden. "Wir können darüber erst reden und entscheiden, wenn wir wissen, was genau geplant ist."
Großbritannien hatte nach der Festsetzung eines britischen Tankers durch den Iran in der Straße von Hormus vor gut einer Woche eine rein europäische Mission angeregt. Das war aber noch vor dem Amtsantritt des neuen Premierministers Boris Johnson. Die neu formierte britische Regierung strebt nun einen europäisch geführten Ansatz unterstützt von den USA an.
Grüne und Linke warnen vor Eskalation im Konflikt mit dem Iran
Dagegen gibt es in der Berliner Regierungskoalition Vorbehalte – vor allem bei der SPD. Hintergrund ist, dass sich Deutschland von US-Präsident Donald Trumps Politik des "maximalen Drucks" auf den Iran abgrenzen will. Eine Mission gemeinsam mit den USA gilt deshalb als problematisch. Es gibt Befürchtungen, in einen bewaffneten Konflikt zwischen den USA und dem Iran gezogen zu werden. "Eine Beteiligung kommt nicht in Frage", sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Nils Schmid dem Tagesspiegel. "Deutschland wird sich nicht an einer US-Mission beteiligen. Da ist man plötzlich auf Seiten der Amerikaner in einem Krieg mit dem Iran." Die Europäer sollten daher darauf bedacht sein, einen gebührenden Abstand zur robusten Militärmission der Amerikaner zu wahren, betonte Schmid.
Der Sprecher des Auswärtigen Amts, Christopher Burger, hatte gesagt: "Unser Interesse ist, dass unser Engagement in der Region ein europäisches Gesicht hat und dass deutlich wird, dass wir uns als Europäer nicht an einer amerikanischen Strategie des maximalen Drucks gegenüber Iran beteiligen." Auch der kommissarische SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hatte vor den Risiken einer Mission gemeinsam mit den USA gewarnt. Dies berge ein "enorm hohes Eskalationsrisiko", sagte er der Süddeutschen Zeitung.
Die Grünen warnten ebenfalls vor einer Eskalation. Grünen-Chefin Annalena Baerbock sagte dem RBB, von den Europäern müssten an dieser Stelle alle diplomatischen Mittel genutzt werden. "Und das heißt vor allen Dingen, die Versprechen, die man gegenüber dem Iran gemacht hat – dass man nach der Verhängung der Sanktionen durch Washington weiterhin Handel mit dem Iran betreiben wird –, die muss man jetzt einhalten, damit es nicht eskaliert." Für einen deutschen Militäreinsatz in der Straße von Hormus wäre ein internationales Mandat wie etwa der Vereinten Nationen nötig, betonte Jürgen Trittin, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags, im RBB. Die Linke lehnte eine Beteiligung der Bundeswehr in einer wie auch immer geformten "Koalition der Willigen" entschieden ab.
Wie ein Militäreinsatz aussehen könnte, ist bisher noch unklar. Die Optionen reichen von einem Beobachtungseinsatz bis hin zur Eskorte von Öltankern durch Kriegsschiffe.
Wehrbeauftragter: Sieben Fregatten sind außer Betrieb
Sollte sich Deutschland an einer Schutzmission im Golf beteiligen, so rechnet der Wehrbeauftragte der Deutschen Bundestags, Hans-Peter Bartels (SPD), mit Engpässen. "Von den 15 Fregatten, die die Marine eigentlich haben sollte, sind inzwischen sieben außer Dienst gestellt, und dafür ist bisher erst ein neues Schiff zugelaufen", sagte Bartels dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Derzeit verfüge die Marine über neun Fregatten, von denen einige in der Instandsetzung und andere im Ausbildungseinsatz seien.
Großbritannien hatte am 4. Juli in Gibraltar den Tanker Grace1 mit der Begründung festgesetzt, er habe iranisches Erdöl für Syrien an Bord und damit gegen EU-Sanktionen verstoßen. Der Iran bestreitet das. Am 19. Juli stoppten die iranischen Revolutionsgarden dann in der Straße von Hormusden britischen Öltanker Stena Impero. Zur Begründung hieß es, das Schiff habe internationale Regeln der Seefahrt nicht eingehalten, sein GPS-System ausgeschaltet und umweltschädigende Materialien an Bord. Beide Seiten sprachen von "Piraterie".