Berlin und Paris schmieden "Allianz der Willigen" zur Verteilung von geretteten Migranten
Mittwoch 24.Juli.2019 - 11:19
Berlin (T-Online) - In der Europäischen Union formiert sich ein Bündnis zur Verteilung von aus Seenot geretteten Migranten. 14 EU-Staaten – also die Hälfte der Mitglieder der Union – haben nach Angaben von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in einen geplanten "solidarischen Mechanismus" eingewilligt. Die Länder hätten "dem Prinzip" des deutsch-französischen Kompromissvorschlags für eine Übergangslösung zugestimmt, sagte Macron am Montag in Paris. Von diesen hätten acht Staaten eine "aktive" Beteiligung zugesichert, darunter Deutschland und Frankreich.
Die Einigung sei am Montagvormittag während eines Treffens von EU-Außen- und Innenministern in Paris getroffen worden, sagte Macron. Die Nachrichtenagentur Reuters erfuhr aus französischen Regierungskreisen, dass unter den 14 EU-Staaten neben Frankreich und Deutschland auch Finnland, Luxemburg, Portugal, Litauen, Kroatien und Irland bereit sein, die Pläne voranzutreiben.
Vor dem Treffen in Paris hatte Bundesaußenminister Heiko Maas erklärt, Deutschland stehe bereit, "mit anderen Ländern als Partner in einer Koalition der Hilfsbereiten voranzugehen". Sollte eine ausreichende Zahl von Staaten mitmachen, könne die Blockade der EU zunächst für den Bereich der Seenotrettung schnell überwunden werden. Zur dauerhaften Entlastung besonders betroffener Aufnahmeländer wie Italien oder Malta wäre jedoch eine Reform des europäischen Asylsystems notwendig. Macron sagte, in einem weiteren Schritt sollten möglichst alle EU-Staaten in die Flüchtlings-Verteilung einbezogen werden.
Italien und Malta schwebt hingegen etwas anderes vor. In einem gemeinsamen Papier plädierten sie dafür, stattdessen Einrichtungen in den Nachbarregionen der Herkunftsländer von Migranten zu errichten. Dort soll die Identität der Ausreisewilligen zunächst überprüft werden. Dieser Vorschlag solle als Ausgangspunkt für eine "ganz neue Diskussion" über die EU-Einwanderungspolitik dienen, forderte Salvini.
Salvini reist gar nicht erst an
Italiens Innenminister Matteo Salvini nahm nicht an dem Treffen in Paris teil. Seine Regierung weigert sich, Rettungsschiffe in ihre Häfen zu lassen. In einem Brief an seinen französischen Kollegen Christophe Castaner warnte er vor den Auswirkungen von Entscheidungen "die nur in Paris und Berlin" getroffen worden seien.
Gemeinsam mit Malta hatte Italien vergangenen Donnerstag bei einem Treffen der EU-Innenminister in Helsinki auch einen deutsch-französischen Kompromissvorschlag für eine Übergangslösung abgelehnt. Er sah vor, dass beide Länder ihre Häfen öffnen und ankommende Migranten dann zeitlich befristet auf andere Länder verteilt werden.
Vereinte Nationen loben Ankündigung
Der Generaldirektor der Internationalen Organisation für Migration (IOM), Antonio Vitorino, und der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge (UNHCR), Filippo Grandi, hingegen begrüßten die Ankündigung. Die Überlegungen seien vielversprechend, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. "Ein gemeinsames Vorgehen in dieser Situation ist im Interesse aller."
Zuletzt war es zu einer Reihe dramatischer Vorfälle im Mittelmeer gekommen. Ende Juni war die "Sea-Watch 3" mit Dutzenden Migranten an Bord unerlaubt in italienische Gewässer und den Hafen von Lampedusa gefahren, nachdem sie zuvor zwei Wochen lang vergeblich um die Erlaubnis zum Anlanden gebeten hatte. Gegen die Kapitänin Carola Rackete wird in Italien unter anderem wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung ermittelt.
Auch das Rettungsschiff "Alan Kurdi" der deutschen Hilfsorganisation Sea-Eye war Anfang Juli mit einer Hängepartie konfrontiert, bis Malta schließlich die 44 Menschen an Bord übernahm. Seit Anfang des Jahres sind nach Angaben der Organisation für Migration im Mittelmeer mindestens 682 Migranten ums Leben gekommen, 426 auf der Route von Libyen nach Europa.