Merkel will GroKo zusammenhalten und kritisiert Trump
Berlin (Dpa) - Es ist ein Ritual
im Berliner Politikbetrieb: Auf ihrer jährlichen Sommerpressekonferenz hat
Bundeskanzlerin Angela Merkel am Freitag einen Fragenkatalog abgearbeitet.
Die Diskussion über das Klima
stach in diesem Jahr als besonders wichtiges Thema heraus. Merkel bekannte sich
zum Fortbestand der großen Koalition und zeigte klare Kante gegen Rassismus.
Ein Überblick:
Rassismus
Scharf verurteilte Merkel die als
rassistisch kritisierten Attacken von US-Präsident Donald Trump gegen
Politikerinnen der Demokraten. „Ich distanziere mich davon entschieden“, sagte
Merkel und betonte, sie fühle sich solidarisch mit den attackierten Frauen.
Menschen ganz unterschiedlicher Nationalität hätten zur Stärke der USA
beigetragen. Trumps Äußerungen liefen ihrem Eindruck zuwider und
konterkarierten die Stärke Amerikas. In einem Tweet hatte der US-Präsident
mehrere Demokratinnen aufgefordert, in ihre vermeintlichen Heimatländer
zurückzugehen. Die vier Politikerinnen sind alle US-Bürgerinnen.
Koalition
Die Regierungschefin ist
zuversichtlich, dass die große Koalition hält, auch wenn es interne Querelen
gibt und sich die SPD im Umbruch befindet. Mit den drei Interims-SPD-Chefs der
SPD und Vizekanzler Olaf Scholz arbeite die Union „sehr, sehr verlässlich
zusammen“. „Das gibt mir auch den Optimismus, dass man die Regierungsarbeit
sehr wohl weiterführen kann.“ Die SPD will im Dezember eine Halbzeitbilanz
ziehen und entscheiden, ob sie in der Koalition bleibt.
Vorhaben
„Es liegen noch viele
Aufgaben vor uns. Deshalb wird der Herbst auch sehr arbeitsreich sein“, sagte
Merkel. Für den Frühherbst kündigte sie einen Gesetzentwurf zum Abbau des
Solidaritätszuschlags für 90 Prozent der Zahler an. Mit den Ländern werde man
im Herbst über das Thema gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland
diskutieren. Merkel erwähnte zudem das Streitthema Grundrente und stellte
weitere Maßnahmen beim Thema Wohnraum in Aussicht.
Haushalt
Die Kanzlerin räumte ein, dass
sich die Konjunktur eintrübt, und sprach von einer „etwas schwierigeren Phase
mit geringerem Wachstum“. Dennoch will Merkel an einem ausgeglichenen Haushalt
ohne neue Schulden, der sogenannten schwarzen Null, festhalten. Sie halte es
für wichtig, die immer weniger jungen Menschen nicht mit immer weiter
wachsenden Schulden in die Zukunft zu schicken.
Europäische Union
Aus Sicht von Merkel war es
wichtig, dass vor der Sommerpause mit Ursula von der Leyen eine neue
EU-Kommissionspräsidentin gewählt wurde. Die EU habe keine Zeit zu verlieren
und müsse handlungsfähig bleiben, sagte die Kanzlerin und verwies auch auf den
Austritt Großbritanniens aus der EU. Die Kanzlerin unterstützte zugleich den
Anlauf von der Leyens, die Konstruktionsfehler bei den Dublin-Regeln für
Asylverfahren in der EU zu beheben. Merkel bekräftigte, es könne nicht bei
jedem Schiff mit Flüchtlingen erneut über eine Einzellösung verhandelt werden.
„Die Seenotrettung ist für uns nicht nur Verpflichtung, sondern sie ist ein
Gebot der Humanität“, stellte die Kanzlerin klar.
Brexit
Auch mit einem neuen britischen
Premierminister sollte das Brexit-Abkommen aus Sicht von Merkel gültig bleiben
- aber die umstrittene Backstop-Regelung zur Grenze zwischen Irland und
Nordirland könne „überschrieben“ werden. Das Austrittsabkommen sei „sehr
sorgfältig verhandelt“ worden, sagte die CDU-Politikerin. Wenn es gelinge, nach
dem Austritt der Briten aus der EU eine Grenze mit Kontrollen zwischen Irland
und Nordirland zu vermeiden, obwohl dort der EU-Binnenmarkt ende - „im Grunde
die Quadratur des Kreises“ -, sei der Backstop nicht mehr relevant. Die
Backstop-Regelung im Brexit-Abkommen soll garantieren, dass es nach dem Brexit
keine Grenzkontrollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied
Irland gibt.
Iran
Besorgt zeigte sich die Kanzlerin
über die wachsenden Spannungen zwischen dem Iran und den USA. Sie forderte,
nach diplomatischen Lösungen zu suchen. Merkel erinnerte daran, dass zunächst
die USA das internationale Atomabkommen mit dem Iran aufgekündigt haben, die
EU, China und Russland dies aber nicht getan hätten. Damit sei zwar eine neue
Situation entstanden. „Aber: Ich halte es für sinnvoll, wenn Iran diese
Verpflichtung aus dem Abkommen einhalten würde, denn es sind ja nicht alle
Vertragsparteien weggegangen“, appellierte die Kanzlerin an die Adresse
Teherans.
Kramp-Karrenbauer
Merkel nahm die CDU-Chefin und
neue Verteidigungsministerin gegen Kritik an deren Eignung für das neue Amt und
an der Doppelbelastung in Schutz. Kramp-Karrenbauer sei eine erfahrene Politikerin
und bringe als Parteichefin auch politisches Gewicht mit ein. Zur
Doppelbelastung der CDU-Chefin meinte Merkel: „Wo immer sie arbeitet, arbeitet
sie gerade mit 100 Prozent.“ Zugleich räumte Merkel der CDU-Chefin gute Chancen
auf die nächste Kanzlerkandidatur der Union ein. Sie nehme auf ihre Nachfolge
zwar keinen Einfluss. Das müsse die Partei entscheiden. „Aber Annegret
Kramp-Karrenbauer ist Parteivorsitzende und ist damit natürlich in einer
wichtigen und auch entscheidenden Position. Das ist ja gar keine Frage“, fügte
die Kanzlerin hinzu.
Merkels Gesundheit
Auch die Gesundheit Merkels, die
in den vergangenen Wochen mehrere Zitteranfälle bei öffentlichen Auftritten
erlitten hatte, war ein Thema der Pressekonferenz. Es gehe ihr gut, sagte die
Kanzlerin und betonte: „Als Mensch habe ich auch persönlich ein hohes Interesse
an meiner Gesundheit.“ 2021 werde sie aus der Politik aussteigen. „Aber dann
hoffe ich, dass es noch ein weiteres Leben gibt. Und das würde ich dann auch
gerne gesund weiterführen.“