CDU-Chefin begrüßt Debatte um Kopftuchverbot an Grundschulen
Berlin (faz) - CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat sich gegen das Tragen von Kopftüchern in Kindergärten und Grundschulen ausgesprochen. Dies habe „mit Religion oder Religionsfreiheit nichts zu tun, das sehen auch viele Muslime so“, sagte Kramp-Karrenbauer den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Sie halte daher „eine Debatte darüber, ob wir Kopftücher in Kindergarten oder Grundschule zulassen, für absolut berechtigt“. Zuvor war in Österreich ein Kopftuchverbot an Grundschulen beschlossen worden.
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), dringt auf die Prüfung eines solchen Kopftuchverbots. In einer gemeinsamen Erklärung mehrerer Unionspolitiker hieß es, die Debatte sei angesichts „zunehmender Hilferufe aus der Lehrerschaft“ dringend erforderlich.
Der stellvertretende Unionsfraktionschef Carsten Linnemann (CDU), der für Religion zuständigen CDU-Politiker Christoph de Vries und der ehemalige bayerische Justizminister Winfried Bausback (CSU) schrieben dem Bericht zufolge, Überlegungen auf Länderebene, ein solches Verbot durchzusetzen, seien bislang ohne Ergebnis geblieben. „Daher wollen wir das Problem auf Bundesebene angehen“, heißt es laut Funke Medien in der gemeinsamen Erklärung.
Der Präsident der Kultusministerkonferenz, Alexander Lorz, sieht ein Kopftuchverbot in Grundschulen kritisch. „Wenn sich Eltern auf die Freiheit der Religionsausübung berufen, hat unser Rechtsstaat wenig Handlungsmöglichkeiten“, sagte der hessische Kultusminister den Zeitungen der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft. „Ein gesetzliches Verbot dürfte vor dem Verfassungsgericht daher kaum bestehen.“ Der CDU-Politiker setzt daher eher auf Gespräche und Beratung der Eltern. Grundsätzlich sieht er das Tragen eines Kopftuchs im Unterricht allerdings kritisch. „Aus pädagogischen und integrativen Gesichtspunkten muss man das Tragen eines Kopftuches im Grundschulalter, zumal es der Islam auch nicht vorsieht, ablehnen.“
„Zum Schutz der Kinder“ alle Mittel prüfen
Der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster argumentierte in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ), wer sehr jungen Mädchen in der Schule vorschreiben wolle, ein Kopftuch zu tragen, grenze sie aus, stigmatisiere sie und verhindere damit eine gute Integration. „Das Kopftuch für Kinder kann nicht wie bei Erwachsenen auf eine religiöse Vorschrift des Islams gestützt werden. Ein entsprechendes Verbot wäre deshalb folgerichtig“, sagte Schuster.
Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg (CDU), sagte ebenfalls der FAZ, es dürfe nicht sein, dass Eltern ihren Kindern ihre religiöse Überzeugung aufzwängen. „Zum Schutz der Kinder müssen hier alle Mittel geprüft werden.“
Hintergrund der Debatte ist ein Beschluss des österreichischen Parlaments vom Mittwoch. Mit den Stimmen der konservativen ÖVP und der rechtspopulistischen FPÖ wurde ein Verbot von Kopftüchern an Grundschulen verabschiedet. Mit der Entscheidung wird künftig „das Tragen weltanschaulich oder religiös geprägter Bekleidung, mit der eine Verhüllung des Hauptes verbunden ist“, untersagt.
„Generelles Verbot nicht angemessen und durchsetzbar“
Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) wandte sich gegen ein Kopftuch-Verbot. „Wir müssen alle Mädchen darin stärken, zu selbstbewussten und unabhängigen Frauen heranzuwachsen“, sagte Barley der FAZ. „Ich habe Zweifel, ob eine Verbotsdebatte da hilft.
“ Auch die Vorsitzende des Grundschulverbandes, Maresi Lassek, äußerte sich ablehnend. „Ein generelles Verbot von Kopftüchern an Grundschulen halte ich für nicht angemessen und auch nicht für durchsetzbar“, sagte sie dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. „Kinder würden in eine Sonderrolle gedrängt, die wir nicht wollen.“ Sie rate dazu, mit Eltern und Kindern im Gespräch zu sein. Kopftücher an Grundschulen kämen eher selten vor. Allerdings gebe es sie in Ballungsräumen mit vielen muslimischen Kindern häufiger.
Die FAZ erinnerte daran, dass sich die nordrhein-westfälische Integrationsstaatssekretärin Serap Güler (CDU) schon vor gut einem Jahr für ein Kopftuchverbot für Mädchen in Kindergärten und Grundschulen eingesetzt habe.
Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) habe damals angekündigt zu prüfen, ob das Tragen des Kopftuchs bis zur Religionsmündigkeit, also dem 14. Lebensjahr, untersagt werden könne. Die Landesregierung hat ein Gutachten in Auftrag gegeben, in dem es um die entwicklungspsychologischen und theologischen Aspekte geht, teilte Stamp laut FAZ jetzt mit. Es liege vor, müsse aber noch ausgewertet werden. Die Frage des Kopftuchtragens solle am 1. Juli im neu eingerichteten „Expertenrat“ des Ministeriums erörtert werden.