Wechsel von Merkel nach Brüssel? Kanzlerin sagt Nein für weiteres politisches Amt
Berlin (Spiegel) - Sie stehe "für kein weiteres politisches Amt, egal wo es ist, auch nicht in Europa, zur Verfügung", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einer Pressekonferenz mit dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte in Berlin. Damit dementierte sie Spekulationen, dass sie nach Ende ihrer Kanzlerschaft ein Amt in Brüssel anstreben könnte.
Merkel verwies darauf, dass ihre entsprechende Aussage vom vergangenen Jahr, als sie ihren Rückzug nach 2021 angekündigt hatte, weiter gelte.
Für die Spekulationen hatte ein Satz in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" gesorgt: Auch sie mache sich Sorgen um Europa, sagte sie dem Blatt. "Daraus entsteht bei mir ein noch einmal gesteigertes Gefühl der Verantwortung, mich gemeinsam mit anderen um das Schicksal dieses Europas zu kümmern", sagte sie. Tatsächlich aber bekräftigte Merkel in dem gleichen Interview an anderer Stelle ihre Entscheidung, "nach 2021 nicht mehr in der Politik zu sein".
Merkel gab Tusk einen Korb
In den Wechselspekulationen wurde Merkel meist als mögliche Nachfolgerin von EU-Ratspräsident Donald Tusk ins Spiel gebracht. Nach SPIEGEL-Informationen hat Merkel Tusk kürzlich aber auch persönlich mitgeteilt, dass sie nicht für den Posten zur Verfügung stehe. Die Kanzlerin hatte Tusk im März im Berliner Kanzleramt und zuletzt am 9. Mai beim EU-Gipfel in Sibiu getroffen. Dort kamen auch die Regierungs- und Parteichefs der Europäischen Volkspartei zusammen.
Tusks Sprecher lehnte einen offiziellen Kommentar ab, auch Merkels Sprecher wollte zu internen Gesprächen keine Stellung nehmen, verwies aber auf frühere, öffentliche Äußerungen der Kanzlerin. So hatte Merkel bereits Ende Oktober 2018 angekündigt, als sie ihren Verzicht auf den CDU-Parteivorsitz erklärte, dass sie "keine weiteren politischen Ämter" anstrebe.
In Brüssel, wo nach der Europawahl ein Personalpaket mit den EU-Spitzenposten geschnürt wird, hält sich jedoch hartnäckig der Name Merkel, wenn es um den künftigen Vorsitz des Europäischen Rates geht. Auch Kommissionschef Jean-Claude Juncker hatte zuletzt betont, dass er sich Merkel in höchsten europäischen Ämtern vorstellen könne. Tusk will mit den Staats- und Regierungschefs der EU die Vorgaben für die Personalsuche bei einem Abendessen am 28. Mai klären.
Rutte betont Freundschaft zu Merkel
Der niederländische Ministerpräsident Rutte sagte am Donnerstag bei dem gemeinsamen Auftritt mit Merkel, er sehe die Kanzlerin als persönliche Freundin an. "Aber sie ist auch sehr klar in dem, was sie tun will nach ihrer Amtsperiode, und das haben wir respektiert." Auch er selbst sei kein Kandidat für diese Funktion.
In dem "SZ"-Interview hatte Merkel auch ihr gutes Verhältnis zum französischen Präsident Emmanuel Macron betont. Dieser dürfte nach der Europawahl am 26. Mai neben Merkel eine Schlüsselrolle bei der Verteilung der EU-Spitzenposten spielen.