Maas und Steinmeier besorgt über Annullierung der Bürgermeisterwahl in Istanbul
Berlin (OZ) - Außenminister Heiko Maas (SPD) hat angesichts der Annullierung der Istanbuler Bürgermeisterwahl die Einhaltung demokratischer Grundprinzipien angemahnt.
„Die Entscheidung des Hohen Wahlrates, das Ergebnis der Kommunalwahlen in Istanbul für ungültig zu erklären und eine Wahlwiederholung anzuordnen, ist für uns nicht transparent und nicht nachvollziehbar“, sagte Maas am Dienstag. „Über die Besetzung des Oberbürgermeisteramtes in Istanbul kann und darf allein der Wille der türkischen Wählerinnen und Wähler entscheiden.
Die Einhaltung demokratischer Grundprinzipien mit transparenten Wahlbedingungen hat aus unserer Sicht oberste Priorität.“
Die Wahlkommission in der Türkei hatte die Abstimmung zuvor annulliert und eine Wiederholung angeordnet. Damit gab sie einem Antrag der Regierungspartei AKP von Präsident Recep TayyipErdogan statt.
Der Kandidat der größten Oppositionspartei CHP, Ekrem Imamoglu, hatte die Kommunalwahl in Istanbul am 31. März knapp vor Ex-Ministerpräsident Binali Yildirim gewonnen.
In Deutschland sorgte die Entscheidung auch sonst für Kritik. „Die Entscheidung der türkischen Wahlbehörde ist offenbar allein politisch motiviert und ein Putsch gegen die Demokratie“, sagte die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Sevim Dagdelen. „Wenn man bei demokratischen Wahlen in der Türkei als Oppositionspartei nicht mehr gegen die AKP gewinnen darf, muss man von einer Diktatur sprechen.“
Die Bundesregierung müsse nun ihre Türkeipolitik grundlegend ändern und „sich entscheiden, ob sie weiter auf der Seite des Despoten Erdogan stehen will“, so Dagdelen. Sie sei aufgefordert, sowohl die Waffenlieferungen an die Türkei wie auch die üppigen Finanz- und Kredithilfen zu stoppen.
Zudem sei es höchste Zeit, den EU-Beitrittsprozess mit der Türkei zu beenden. „Eine islamistische Diktatur, in der nur noch Scheinwahlen stattfinden, kann kein EU-Beitrittskandidat sein.“
Steinmeier ist besorgt über die Annullierung
Frank-Walter Steinmeier hat seine Besorgnis über die Ereignisse in der Türkei zum Ausdruck gebracht. "Gerade weil mir die Zukunft der Türkei und der Wert der Demokratie am Herzen liegen, bin ich sehr besorgt über die angeordnete Wiederholung der Wahl", hieß es in einer Stellungnahme des Bundespräsidenten.
"Bisher hat der Oberste Wahlrat keine überzeugenden Gründe genannt, die zu einer Ungültigkeit der Wahlen in Istanbul führen müssen", sagte Steinmeier. Die türkische Wahlbehörde YSK hatte einer Beschwerde der Partei AKP stattgegeben und eine Wiederholung der Wahl am 23. Juni 2019 angeordnet. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ist Vorsitzender der AKP. Istanbuls Bürgermeister Ekrem Imamoglu, der die Wahl knapp gewonnen hatte, sprach von Verrat.
Timmermans: „Schreckliche Sache“
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen (CDU), sagte dem RedaktionsNetzwerkDeutschland (RND): „Das ist erstens willkürlich und zweitens ein schwerer politischer Fehler. Er wird die Gesellschaft tiefer spalten und die Konflikte vielleicht noch zur Eskalation bringen, weil sich die Menschen betrogen fühlen.
Die Frage ist jetzt: Kündigt diese Entscheidung die Planung des Wahlbetruges an?“ Röttgen fuhr fort: „Das ist ein weiterer Schritt der Entfernung von der EU. Und die Beitrittsverhandlungen liegen jetzt bei einer noch tieferen Temperatur auf Eis als bisher.“