Kanzlerin Merkel weist Spekulationen über vorzeitigen Abtritt zurück
Berlin (Handelsblatt) - Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Spekulationen über ein vorzeitiges Ende ihrer Kanzlerschaft zurückgewiesen. Sie könne die Frage, ob sie überraschende Pläne habe, „mit einem klaren Nein beantworten“, sagte Merkel am Dienstag in Berlin.
Auslöser waren Medien-Spekulationen über das Ziel der angekündigten Klausurtagung am 2. und 3. Juni des CDU-Bundesvorstandes. Es wurde gemutmaßt, dass der Termin nach der Europawahl für einen Wechsel von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer ins Kanzleramt genutzt werden könne. Die CDU-Spitze hatte dies schon am Montag verneint. Die Klausurtagung soll sich vor allem mit einer möglichen Kurskorrektur der Arbeit der Großen Koalition nach der dann vorliegenden Steuerschätzung beschäftigen.
Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer begründete die CDU-Führungsklausur mit der bis dahin erwarteten neuen Steuerschätzung. Diese steht im Mai an und dürfte einen deutlichen Rückgang der Staatseinnahmen ergeben. Auf die Frage, ob auf der Klausur kurz nach der Europawahl ein Wechsel von Kanzlerin Angela Merkel zu ihr vorbereitet werden solle, sagte Kramp-Karrenbauer dem Fernsehsender „Welt“: „Nein. Wir haben im Juni die Situation, dass die Steuerschätzung sich nochmal im Bundeshaushalt widerspiegeln wird.“
Auf die Frage, wann sie das Kanzleramt übernehme, antwortete AKK: „Zuerst bin ich Parteivorsitzende und konzentriere mich auf den Europawahlkampf, gemeinsam mit meiner Partei.“ Die Bemerkung, sie sei von einer Entscheidung Merkels - nämlich deren Rückzug vom Parteivorsitz - ja schon einmal überrascht worden, kommentierte sie mit den Worten: „Es gilt der alte Satz, Geschichte wiederholt sich nicht.“
Die Ansetzung der Klausur hatte bereits am Montag Spekulationen ausgelöst, auch im Hinblick auf einen vorzeitigen Wechsel von Kramp-Karrenbauer ins Kanzleramt. Führende CDU-Politiker schlossen hinter vorgehaltener Hand schon länger nicht aus, dass es schon nach der Europawahl und den anderen Wahlen am 26. Mai zu einer neuen Krise der schwarz-roten Regierung kommen könnte – bis hin zu einer vorgezogenen Bundestagswahl noch in diesem Jahr.
Dies würde in einem solchen Fall wohl auch bedeuten, dass Kramp-Karrenbauer rascher als vermutet versuchen dürfte, Merkel als Kanzlerin zu beerben. Die hat zwar erklärt, sie stehe für die volle Wahlperiode zur Verfügung – was aber nicht heißt, dass sie nicht bereit wäre, auch vor 2021 aus dem Amt zu scheiden, falls dies die Umstände nötig machen würden.
Merkel hat bereits nach ihrem Abschied aus dem Parteivorsitz klar gemacht, dass sie bei der nächsten Bundestagswahl nicht erneut als Kanzlerkandidatin antreten wird. Kramp-Karrenbauer gilt auch in dieser Funktion als ihre Wunsch-Nachfolgerin.
Merkel selbst wird unmittelbar vor der Klausur von einem Kurztrip in die USA zurückkommen: Am 30. Mai hält die Kanzlerin eine Rede bei der Abschlussfeier der Elite-Universität Harvard im US-Bundesstaat Massachusetts.
Für den 3. Juni ist zudem eine Konferenz der Fraktionsvorsitzenden von CDU und CSU aus Bund und Ländern in Erfurt geplant – auch hier dürften die Ergebnisse der Europawahl eine erhebliche Rolle spielen. Genauso wie in den Sitzungen der Bundestagsfraktionen, die am 4. Juni zur ihrer vorletzten regulären Sitzung vor der Sommerpause zusammenkommen.