Merkel verteidigt ihre Flüchtlingspolitik und macht sich stolz über ihren östlichen Wurzeln
Schwedt (Merkur) - Angela Merkel (CDU) stellte sich beim Bürgerdialog im brandenburgischen Schwedt auch kritischen Fragen. Es ging dabei viel um die Lebensverhältnisse in Ost und West und natürlich um ihre Flüchtlingspolitik. So räumte die Kanzlerin Versäumnisse bei der Anpassung der Lebensverhältnisse in Ost- und Westdeutschland ein. In den ersten Jahren ihrer Kanzlerschaft "haben wir oft gedacht, vielleicht schaffen das die Bundesländer alleine - und da muss man sagen, das schaffen die nicht alleine", sagte Merkel am Dienstag bei einem "Bürgerdialog" im brandenburgischen Schwedt.
Die Kanzlerin verwies auf die großen Themen der letzten Jahre, die viel politische Energie beansprucht hätten - etwa die weltweite Finanzkrise 2008 und 2009 und die Flüchtlingskrise 2015. "Da habe ich natürlich nicht die Zeit gehabt, mich mit der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse so viel zu befassen", sagte Merkel.
"Auch mein Tag hat nur 24 Stunden", sagte die Kanzlerin weiter. "Da sind Sachen liegen geblieben, die man sonst hätte machen können, wenn man solche Herausforderungen nicht gehabt hätte." Was den demografischen Wandel und die Angleichung der Lebensverhältnisse angehe, arbeite die Bundesregierung nach wie vor an den "richtigen Reaktionen".
Ostdeutschland ist noch immer Heimat für Merkel
Merkel machte in der Diskussionsveranstaltung mit rund 70 Bürgern klar, dass sie sich immer noch in Ostdeutschland beheimatet fühle - auch wenn ihr hier viel politische Kritik entgegenschlägt: "Es ist schon ein Stück Heimat, auch wenn es sehr polarisierte Situationen gibt." Sie scheue sich aber nicht vor Besuchen in Ostdeutschland.
Auf die Frage, was sie empfinde, wenn sie als "Ossi" bezeichnet werde, entgegnete die Kanzlerin: "Na, Stolz. Ich habe nichts zu verleugnen an meinem Leben." Sie finde es "nicht so schlecht, dass man - wenn man aus der DDR kommt - auch Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland werden kann. Das ist ja auch was."
Sie selbst empfinde sich als Brandenburgerin, bekannte Merkel. "Es ist natürlich ein hohes Maß an Vertrautheit, weil ich die Landschaft und die Menschen kenne."
Merkel verteidigt erneut Flüchtlingspolitik
Ihre Flüchtlingspolitik verteidigte die Kanzlerin erneut: Im Jahr 2015 habe mit dem Bürgerkrieg in Syrien und dem Regime der Terrormiliz Islamischer Staat im Vorderen Orient eine Ausnahmesituation bestanden, sagte Merkel. Darauf habe man reagieren müssen. Die Fehler seien vorher gemacht worden, weil man sich nicht um die Flüchtlinge in den Anrainerstaaten wie dem Libanon oder Jordanien gekümmert habe. Heute versuche man auch, das Problem schon in den Herkunftsländern anzugehen.
Die Teilnehmer des "Bürgerdialogs" wurden von örtlichen Verbänden und Vereinen entsandt. Die Themen der Veranstaltung wurden von den Bürgern selbst bestimmt. Nach Angaben der Bundesregierung wollte Merkel bei dem Forum mit den Bürgern ins Gespräch kommen über jene Probleme, die sie bewegen. In Brandenburg wird im September ein neuer Landtag gewählt.
Merkel hält Gefahr durch Dschihadistenmiliz IS nicht für gebannt
Nach dem Auftauchen eines Videos des IS-Anführers Abu Bakr al-Bagdadi hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor der weiter bestehenden Gefahr durch die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) gewarnt. Der IS sei zwar großflächig besiegt, aber nicht vollständig verschwunden, sagte sie am Dienstag nach einem Treffen mit dem irakischen Regierungschef Adel Abdul Mahdi in Berlin. Sie sicherte dem Irak weiterhin die Unterstützung Deutschlands beim Wiederaufbau des Landes zu.
Niemand sei davon ausgegangen, dass der IS verschwunden sei, sagte Merkel. Das am Montag veröffentlichte Video zeige, dass diese Einschätzung richtig sei. "Wir werden uns noch eine ganze Zeit lang mit der Frage beschäftigen müssen, wie der IS abschließend besiegt werden kann", sagte die Kanzlerin.
Ebenfalls am Dienstag ist Angela Merkel (CDU) Mutmaßungen entgegengetreten, sie wolle kurz nach der Europawahl einen geplanten Rückzug aus dem Amt bekannt machen.