Kosten für Flüchtlingsunterbringung teuer wie ein Luxushotel
Berlin (Morgenpost) - Der Senat reißt in großem Stil erst vor wenigen Jahren errichtete Containerdörfer für Flüchtlinge nach kurzer Zeit wieder ab. Die Menschen sollen lieber in den neuen Modul-Bauten oder noch besser in regulären Wohnungen unterkommen, so die Strategie von Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) und dem rot-rot-grünen Senat.
Die kurze Lebensdauer der Anlagen führt jedoch dazu, dass die Kosten pro Übernachtung in den Containern mitunter so hoch sind wie für ein Luxushotel. Zudem bringt die Stadt Tausende Menschen mit und ohne Fluchtgeschichte für viel Geld in Hostelsund Pensionen unter.
Breitenbachs Staatssekretär Daniel Tietze hat jetzt offen gelegt, wie teuer Bau und Betrieb von sogenannten Tempohomes für das Land kommen. Die AfD-Fraktion hatte zu dem Containerdorf mit 500 Plätzen an der Buchholzer Straße am Rand der Elisabethaue in Pankow gefragt, in dem seit Oktober 2017, also seit anderthalb Jahren, Flüchtlinge leben. Die Anlage soll jetzt abgerissen werden, die Baugenehmigung läuft Ende Juli aus, weshalb ein Überblick über die Gesamtkosten möglich ist.
Die Kosten für die Wohncontainer im Überblick:
Container, Unterbau, Rohrleitungen, Zäune und Spielplätze: 9,5 Millionen Euro
Erschließung mit Strom-, Wasser- und Telefonleitungen: 100.000 Euro
Zufahrten: 45.000 Euro
Abbau des Ensembles: 4 Millionen Euro
Ausstattung mit Möbeln und Hausrat: etwa 1000 Euro pro Platz
Betreuungspersonal: 1,23 Euro pro Tag und Kopf
Sicherheitsdienst: 3,34 Euro pro Person und Tag
Gesamtkosten für Personal und Sicherheit: 433.000 Euro
Selbst wenn man berücksichtigt, dass die Container womöglich künftig noch anderweitig genutzt werden können und auch die Möbel eine neue Verwendung finden, lässt sich eine Kalkulation aufstellen. Demnach hat das für lediglich anderthalb Jahre genutzte Tempohome an der Elisabethaue rund 14,5 Millionen Euro gekostet. Teilt man diese Zahl durch die fast 95.000 Übernachtungen, kommt man auf etwas mehr als 150 Euro pro Nacht. Selbst wenn diese Summe noch etwas sinkt, weil die Flüchtlinge ja erst in einigen Wochen ausziehen, bleibt der Betrag deutlich über den 20 bis 30 Euro, die als Ziel für einen Platz in einer Gemeinschaftsunterkunft angestrebt wurde.
Aus Sicht der AfD ist das ein Skandal: „Diese Unterbringungskosten sind absurd hoch. Es ist eine Schande, dass der Senat sich offenbar nicht an die Grundsätze wirtschaftlichen Handelns gebunden fühlt“, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Ronald Gläser. Wären die Migranten in Hotels untergebracht worden, hätten die Steuerzahler vermutlich weniger bezahlen müssen. „Hier liegt ein eklatanter Fall von Steuerverschwendung zugunsten der Migrationsindustrie vor“, sagt der AfD-Politiker.
160 Millionen Euro Kosten für Flüchtlings-Wohncontainer
Die Sozialverwaltung beruft sich in einer Art Präambel zu ihrer Antwort auf die Notlage der Jahre 2015 und 2016, als in einem Jahr 79.000 und im zweiten fast 20.000 Flüchtlinge in die Stadt gekommen seien. Damals habe man beschlossen, auf einigen Grundstücken mit Sonderbaurecht Tempohomes zu bauen, um die Menschen überhaupt unterbringen zu können. Insgesamt hat Berlin 160 Millionen Euro für Wohncontainer für Flüchtlinge ausgegeben. Die meisten Anlagen sind nach dem Sonderbaurecht für Flüchtlinge entstanden und sind deshalb nur für drei Jahre genehmigt. Auf dem Tempelhofer Feld ist es jedoch anders. Hier gründen die Absichten, das Dorf abzureißen, im durch Volksabstimmung zustande gekommenen Tempelhofer-Feld-Gesetz. Rot-Rot-Grün hat sich nur eine temporäre Ausnahme von der Regel erlaubt, das Feld nicht zu bebauen.
Neuer Bauantrag für einzelne Anlagen möglich
Deshalb ist Berlins größtes Containerdorf, mit mehr als 1100 Plätzen mehr als doppelt so groß wie das auf der Elisabethaue, auch nicht dabei, wenn der Senat über Möglichkeiten nachdenkt, Containerdörfer auch über die genehmigte Zeit hinaus zu nutzen. Im Februar hat der Senat ein Konzept beschlossen, wonach für einzelne Anlagen ein neuer Bauantrag gestellt werden kann. Dabei wird nicht nur an Flüchtlinge gedacht, sondern auch an andere Wohnungslose, aber auch an Studenten. Weil aber parallel der Aufbau der als Dauer-Wohnungen gedachten Modular-Bauten nicht so schnell vorankommt wie erhofft, bestehe in Berlin „weiterhin ein großer Bedarf an der Unterbringung von wohnungslosen Menschen mit und ohne Fluchthintergrund“, wie Sozialsenatorin Breitenbach dem Abgeordnetenhaus schreibt.
Platz für knapp 25.000 Flüchtlinge
Bisher bieten die elf Erstaufnahmeeinrichtungen und die 77 Gemeinschaftsunterkünfte für Flüchtlinge knapp 25.000 Plätze, von denen Ende Februar 22.000 belegt waren. Die Senatorin rechnet mit einem steigenden Bedarf an Plätzen für Geflüchtete und andere Menschen ohne Wohnung. Ende 2019 rechnet sie