Merkel entfernt sich von der Europawahl
Sonntag 28.April.2019 - 07:32
Berlin (RND) - Eine neue Zeit hat begonnen bei CDU und CSU: Erstens geben sie sich die Schwesterparteien alle Mühe, Harmonie zu vermitteln, statt sich gegenseitig zu piesacken. Und zweitens fehlt dabei Angela Merkel.
Die Kanzlerin war nicht vor Ort, als die Union am Wochenende ihren Startschuss für den Europawahlkampf gab. Das war ein wenig seltsam, schließlich ist Merkel in der Union nach wie vor die Frau mit der meisten europapolitischen Macht.
Der Glanz von Annegret Kramp-Karrenbauer
Mit ihrem Fernbleiben hat sie allerdings vermieden, entweder eine stumme Statistenrolle als freundlich nickende Begutachterin einnehmen zu müssen oder aber mit auch nur ein paar Sätzen als aktuelle Regierungschefin denen die Aufmerksamkeit zu stehlen, die im Wahlkampf die eigentlichen Hauptrollen haben.
Manfred Weber muss sich als Spitzenkandidat beweisen – und vor allem noch etwas bekannter machen. Annegret Kramp-Karrenbauer ist als neue CDU-Chefin nicht nur verantwortlich für den Wahlkampf, sondern läuft sich auch warm für eine Kanzlerkandidatur.
Da sie kein Regierungsamt hat, braucht sie jede Möglichkeit für öffentliche Profilierung. Und Merkel hat zwar hohe Zustimmungswerte, ist aber als Protagonistin des Streits um die Flüchtlingspolitik gleichzeitig eine Hypothek für ihre Partei.
Angela Merkel erlaubt keinen Schmerz
Die Frau, die so berühmt ist fürs Zögern und Überlegen, geht also einmal mehr einen Schritt mit großer Konsequenz und Radikalität: Mit ihrem Rücktritt als Parteivorsitzende hat Angela Merkel die CDU los- oder sogar frei gelassen.
Ein Rücktritt vom Rücktritt, ein Hin und Her wie zuletzt bei Horst Seehofer, der schließlich aus Parteivorsitz und Ministerpräsidentenamt geputscht wurde, gibt es nicht.
Merkel erlaubt sich und der CDU kein Händchenhalten, kein Verharren in Erinnerung, Abschiedsschmerz oder Restnestwärme – und auch keine Abrechnung auf offener Bühne. Bemerkenswert ist, wie schnell sich die Lücke hinter ihr geschlossen hat.