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Die Zahl der arbeitslosen ausländischen Altenpfleger in Deutschland deutlich gestiegen

Dienstag 16.April.2019 - 06:52
Die Referenz
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Berlin (Welt) - Die Zahl der arbeitslosen ausländischen Altenpfleger in Deutschland ist in den vergangenen Jahren laut Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) deutlich gestiegen. Während sich die Anzahl der arbeitslosen Altenpfleger mit deutscher Staatsbürgerschaft von 2010 (34.485) bis 2018 (23.553) um 32 Prozent reduzierte, erhöhte sich die Anzahl der ausländischen Betroffenen um 64 Prozent von 4347 auf aktuell 7124.

Vor allem ist diese Entwicklung durch die gewachsene Zahl arbeitsloser Altenpfleger aus acht wichtigen Asylherkunftsländern (Syrien, Afghanistan, Irak, Nigeria, Eritrea, Iran, Pakistan und Somalia) geprägt. Waren 2010 nur 268 arbeitslose Pfleger aus diesen Staaten gemeldet, sind es inzwischen 2017. Diese Angaben stammen aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des AfD-Bundestagsabgeordneten René Springer. Die Antwort liegt WELT vor.

Insgesamt stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Altenpfleger in den vergangenen Jahren stark an – auf 583.000 (2013: 465.000). Mehr als jeder Zehnte darunter hat keinen deutschen Pass.

Laut Bundeswirtschaftsministerium ist die „Altenpflege zum Mangelberuf Nummer eins geworden“; sie gehört zu den wenigen Branchen, in denen die BA einen bundesweiten Fachkräftemangel feststellt. Als ihre drei Hauptkriterien für einen Fachkräftemangel nennt die Bundesagentur, dass auf 100 offene Stellen weniger als 200 Arbeitslose kommen, die ausgeschriebenen Stellen deutlich überdurchschnittlich lange vakant sind und die Arbeitslosenquote in der jeweiligen Berufsgruppe nicht über drei Prozent liegt.

Es müssen aber nicht alle drei Kriterien erfüllt sein; so lag die Arbeitslosenquote von Altenpflegern 2018 laut der Antwort der Bundesregierung bei 5,1 Prozent. Beträchtlich hoch ist allerdings die Vakanz: 2018 waren gemeldete Stellenangebote für Altenpflegefachkräfte im Schnitt 175 Tage vakant – das sind 68 Tage mehr als auf dem gesamten Arbeitsmarkt.

Niedrige Löhne mindern Attraktivität

Ein Grund für den Arbeitskräftemangel ist die extrem hohe Teilzeitquote von 56 Prozent (327.000) der Beschäftigten in der Altenpflege. Zudem mindern niedrige Löhne die Attraktivität des Berufs. Laut BA gibt es zwischen Alten- und Krankenpflegekräften ein deutliches Lohngefälle.

Während das mittlere Bruttoentgelt vollzeitbeschäftigter Fachkräfte in der Krankenpflege mit 3205 Euro über dem für alle Fachkräfte (2891 Euro) liegt, ist das Durchschnittsgehalt vollzeitbeschäftigter Altenpflegefachkräfte mit 2624 Euro deutlich geringer. Entsprechendes zeigt sich auch bei Krankenpflegehelfern. Ihr mittlerer Lohn beträgt 2466 Euro brutto, der von Altenpflegehelfern nur 1870 Euro (alle Helfer: 2133 Euro). In einigen Gebieten sieht es noch viel schlechter aus, laut BA bestehen erhebliche regionale Entgeltunterschiede. In der Altenpflege sind nur etwas mehr als die Hälfte Fachkräfte, haben also eine Ausbildung abgeschlossen; 46 Prozent arbeiten als Helfer.

Insgesamt stieg die Zahl der bei der BA gemeldeten Arbeitsstellen in der Altenpflege von 12.300 Stellen im Jahr 2010 auf 23.900 Stellen im vergangenen Jahr. Laut der Antwort der Bundesregierung kamen im Jahr 2010 auf eine gemeldete Stelle in der Altenpflege drei Arbeitslose mit dem Zielberuf Altenpflege; 2018 war es nur ein Arbeitsloser je gemeldete Stelle.

Als arbeitslos gelten laut der offiziellen Statistik längst nicht alle erwerbsfähigen Menschen, die ohne Arbeitsplatz sind. Wer etwa in einer Umschulung oder einer Beschäftigungsmaßnahme ist, gilt nicht als arbeitslos. Seit 2008 werden zudem Hartz-IV-Bezieher ab 59 Jahren offiziell nicht mehr so erfasst, wenn ihnen ein Jahr lang keine Beschäftigung angeboten worden ist.

Zu viel Zartgefühl ist in diesem Job hinderlich. Und kostet Zeit
In den vergangenen Jahren wurden die Anstrengungen verstärkt, Asylbewerber für eine Tätigkeit in Bereichen mit Fachkräftemangel wie der Altenpflege zu gewinnen. So wurde die sogenannte Einstiegsqualifizierung, mit der sich Arbeitgeber über einen Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten ein Bild von den Fähigkeiten potenzieller Auszubildendender machen können, für Flüchtlinge sowie für abgelehnte Asylbewerber mit Duldung geöffnet. Hierfür können die Unternehmen bei der BA Zuschüsse oder auch sozialpädagogische Begleitung für hilfsbedürftige Jugendliche beantragen.

In der nächsten Stufe, nach Abschluss eines Ausbildungsvertrages, können Unternehmen bei der Arbeitsagentur ausbildungsbegleitende Hilfen für förderungsbedürftige Flüchtlinge beantragen. Um Sprach- und Bildungsdefiziten entgegenzuwirken, entwickeln BA-Mitarbeiter individuelle Maßnahmenpakete. Diese werden von externen Bildungsträgern umgesetzt.

Bei der sogenannten Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) bezuschusst das Jobcenter Auszubildende, deren Vergütung nicht für Miete oder Fahrtkosten ausreicht. Unter den im November 2018 insgesamt 87.000 BAB-Geförderten waren 16.800 Asylbewerber – Flüchtlinge oder Geduldete. Ein Jahr zuvor gab es 10.000 BAB-Empfänger aus diesem Personenkreis.

Das Bundesgesundheitsministerium versucht mit verschiedenen Initiativen die Personalsituation in der Altenpflege verbessern. So finanzieren seit Anfang 2019 mit dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz die Krankenkassen bis zu 13.000 neue oder aufgestockte Stellen. Zudem sollen über eine flächendeckend bessere Entlohnung neue Pfleger gewonnen und sogenannte Berufsaussteiger in die Pflege zurückgeholt werden.
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