Notre-Dame ist "gerettet" & die Welt reagiert entsetzt
Berlin (N-Tv) - Die Struktur der Pariser Kathedrale Notre-Dame ist nach
Angaben der Feuerwehr "gerettet". Die gotische Kirche könne "in
ihrer Gesamtheit erhalten" werden, sagte der Leiter der Einsatzkräfte,
Jean-Claude Gallet, am Montagabend in Paris. "Die Intensität des Feuers
hat nachgelassen", sagte der französische Innenstaatsekretär Laurent
Nuñez. Die Gefahr eines Einsturzes des nördlichen Glockenturms ist nach seinen
Angaben vorerst gebannt. Angesichts des Ausmaßes der Flammen rief er aber dazu
auf, "extrem vorsichtig" zu bleiben.
Wenn es dabei bleibt und sich das Feuer nicht weiter im Kirchenschiff
ausbreitet, "ist das ein riesiger Erfolg für die Pariser Feuerwehr",
sagte der Präsident des Technischen Hilfswerks, Albrecht Broemme, n-tv. Das
letzte Glutnest in der Kirche werde aber wahrscheinlich erst in den nächsten
zwei Tagen gelöscht sein. Peter Füssenich, Dombaumeister des Kölner Doms, gab
sich im Gespräch mit n-tv noch zurückhaltend. "Erst wenn der Innenraum
wieder zugänglich ist, werden wir das wahre Ausmaß der Schäden einschätzen
können."
Nach dem Ausbruch des Großbrandes hatten die französischen Behörden
zunächst das Schlimmste befürchtet. Drei Stunden nach Beginn war das Feuer noch
nicht unter Kontrolle. Über dem historischen Bauwerk loderten am späten Abend
noch immer Flammen. Das Dach der weltberühmten Kathedrale war eingestürzt. Ein
Teil der Seine-Insel, auf der die Kathedrale steht, wurde evakuiert. Ein Feuerwehrmann wurde ernsthaft verletzt,
teilten die Behörden mit.
Ein Großaufgebot der Feuerwehr kämpfte verzweifelt gegen das Inferno.
Die Flammen erreichten auch einen der beiden viereckigen Türme, die das
jahrhundertealte Wahrzeichen prägen. Ein Feuerwehrmann sei während des
Einsatzes ernsthaft verletzt worden, teilte ein Feuerwehr-Vertreter mit.
"Die Pariser Feuerwehr hat stundenlang gekämpft und tut es noch
immer", sagte Präsident Emmanuel Macron. "Die ganze Nation ist diesen
Männern dankbar: Sie haben das Schlimmste verhindert." Ab morgen werde
Frankreich damit beginnen, die Kathedrale wiederaufzubauen, fügte der Präsident
hinzu.
"Vom Dachstuhl wird
nichts übrig bleiben"
"Alles brennt", sagte der Sprecher von Notre Dame, André
Finot. "Von dem Dachstuhl, der zu einem Teil aus dem 19. Jahrhundert und
zum anderen Teil aus dem 13. Jahrhundert stammt, wird nichts übrig
bleiben". Wegen eines Kulturguts könne nicht das Leben von
Feuerwehrmännern aufs Spiel gesetzt werden, sagte THW-Präsident Broemme n-tv.
Die Pariser Feuerwehr habe aber, wie alle anderen guten Feuerwehren, genaue
Pläne, was gerettet werden müsse. Es würden dann auch gewisse Risiken
eingegangen werden, die aber nicht mit denen vergleichbar seien, die für die
Rettung eines Menschen in Kauf genommen werden.
Löschwagen aus ganz Paris rasten im Laufe des Tages zur Isle de la
Cité, der Insel inmitten der Seine, auf der Notre-Dame steht. Die Feuerwehr
rief die Einwohner auf, die Gegend zu meiden und den "Rettungsfahrzeugen
Platz zu machen". Bürgermeisterin Anne Hidalgo sprach von einem
"furchtbaren Brand". Auch sie rief die Menschen über Twitter auf, die
Sicherheitsabsperrungen zu respektieren. Ungeachtet dessen bildeten sich an den
Quais und auf den Brücken große Zuschauermengen. Viele machten Fotos und Videos
mit ihren Handys.
Der Feuerwehr und dem Sprecher zufolge brach der Brand gegen 18.50 Uhr
auf dem Dachboden der Kathedrale aus und breitete sich rasend schnell aus. Die
Fassade der Kirche wird zur Zeit aufwändig gereinigt. Der Brand könnte nach
Einschätzung der Feuerwehr mit den Arbeiten zusammenhängen. Der Brand schien
von den Baugerüsten auszugehen, die auf dem Dach installiert waren. Die
Behörden gingen nicht von einem terroristischen Akt aus, sagte ein Sprecher.
Trump gibt fragwürdigen
Ratschlag
US-Präsident Donald Trump erklärte auf Twitter, es sei
"schrecklich", dem "massiven Brand" zuzusehen. Jetzt müsse
rasch gehandelt werden, erklärte er weiter und riet, Löschflugzeuge
einzusetzen. Dieser Einschätzung widersprachen aber Experten, da durch einen
solchen Einsatz das Gebäude ganz zerstört werden könnte. Beim Löschen müsse
auch an den Wiederaufbau gedacht werden, so Broemme im Gespräch mit n-tv.
"Es darf nicht zu viel Löschwasser genutzt werden, da sonst weitere
Schäden verursacht werden."
Bundesaußenminister Heiko Maas twitterte, "die brennende Notre
Dame trifft auch uns ins Herz". Er hoffe gemeinsam mit den Einsatzkräften
und "unseren französischen Freundinnen und Freunden", dass
"keine Menschen zu Schaden kommen". Regierungssprecher Steffen
Seibert erklärte, es tue "weh, diese schrecklichen Bilder" der brennenden
Kathedrale zu sehen. Notre Dame sei ein Symbol Frankreichs und der europäischen
Kultur.
Restaurationsarbeiten dauern
an
Notre-Dame wird zur Zeit restauriert. Erst vergangene Woche waren mit
einem Kran 16 Kupferfiguren vom Dach der Kathedrale geholt worden. Die Aktion
hatte zehn Stunden gedauert, die Statuen waren eine nach der anderen
herabgelassen worden.
Notre-Dame ist eine der wichtigsten Pariser Touristenattraktionen und
wird jährlich von Millionen von Menschen besucht. Die Kathedrale steht im
Herzen der Stadt auf der Île de la Cité. Ihre Geschichte reicht bis in die
Mitte des 12. Jahrhunderts zurück. Fast 200 Jahre vergingen bis zur
Fertigstellung. Die Dimensionen der im gotischen Stil konstruierten und der
Jungfrau Maria geweihten Kirche mit ihren beiden majestätischen Türmen sind
gewaltig: 127 Meter lang, 40 Meter breit und bis zu 33 Meter hoch.
Die Dimensionen der im gotischen Stil konstruierten und der Jungfrau
Maria geweihten Kirche mit ihren beiden majestätischen Türmen sind gewaltig:
127 Meter lang, 40 Meter breit und bis zu 33 Meter hoch. Mit seinem 1831
erschienenen historischen Roman "Der Glöckner von Notre-Dame"
verewigte Victor Hugo die Kathedrale in der Literatur. Viele Meter lang stehen
die Touristen täglich vor dem Gebäude Schlange. Seit den islamistischen
Terroranschlägen, die Frankreich in den vergangenen Jahren heimgesucht hatten,
wird die Kathedrale von Soldaten bewacht.
Macron: "Wir werden
Notre-Dame wieder aufbauen"
Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hat versichert, dass die von
einem Brand verwüstete Pariser Kathedrale Notre-Dame wieder aufgebaut wird.
"Wir werden Notre-Dame wieder aufbauen", sagte Macron am späten Abend
am Ort des Geschehens.
Das Schlimmste sei bei dem Brand verhindert worden, denn die Fassade
und die beiden Haupttürme seien nicht zusammengestürzt. Der Kampf gegen das
Feuer sei aber noch nicht vollständig gewonnen. Mit Blick auf das historische
Bauwerk sagte Macron: "Es ist das Epizentrum unseres Lebens."
Steinmeier: "Trauer und
Entsetzen"
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier reagierte mit "Trauer und
Entsetzen" auf den Brand. "Meine Gedanken sind bei unseren
französischen Freunden", so der Bundespräsident auf Facebook und
Instagram. "Es tut weh, diese schrecklichen Bilder der brennenden Notre-Dame
zu sehen", schrieb der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, auf
Twitter. "Notre-Dame ist ein Symbol Frankreichs und unserer europäischen
Kultur. Mit unseren Gedanken sind wir bei den französischen Freunden." Vizekanzler
Olaf Scholz teilte auf Twitter mit, er hoffe, dass es der Feuerwehr rasch
gelingt, den Brand einzudämmen und das Wahrzeichen zu retten.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker: „Ich verfolge minütlich
den Brand, der Notre-Dame in Paris gepackt hat. Notre-Dame gehört der ganzen
Menschheit. Welch trauriger Anblick. Ich teile die Gefühle der französischen
Nation, die auch unsere sind.“
Der frühere US-Präsident Barack Obama ist traurig über die Nachrichten
aus Paris und sagte: „Es liegt in unserer Natur zu trauern, wenn wir sehen, wie
Geschichte verlorengeht - aber es liegt auch in unserer Natur, für morgen
wieder aufzubauen, so stark wir können.“