Herausgegeben vom CEMO Centre - Paris
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Die Polizei startet Razzia gegen Einrichtungen eines bundesweiten islamistischen Netzwerks

Mittwoch 10.April.2019 - 06:25
Die Referenz
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Berlin (Welt) - Am Mittwochmorgen erfolgte der Zugriff: In neun Bundesländern hat die Polizei Objekte eines mutmaßlichen Islamisten-Netzwerks durchsucht.

Wie das Bundesinnenministerium mitteilte, umfassten die Razzien etwa 90 Objekte in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein.

Besonders im Fokus stehen die in Nordrhein-Westfalen ansässigen Hilfsorganisationen Ansaar International und WWR Help. Hintergrund sei der Verdacht, dass sie die radikal-islamische Palästinensergruppe Hamas „finanziell und propagandistisch“ unterstützten, teilte das Bundesinnenministerium in Berlin mit.

„Wer unter dem Deckmantel humanitärer Hilfe die Hamas unterstützt, missachtet fundamentale Wertentscheidungen unserer Verfassung“, erklärte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Die Hamas gilt in Deutschland in ihrer Gesamtheit als Terrororganisation. „Dadurch wird auch das Engagement der vielen Hilfsorganisationen diskreditiert, die sich unter schwierigen Rahmenbedingungen zur Neutralität verpflichtet haben.“ Zudem bestehe der Verdacht, dass sich das Netzwerk gegen den Gedanken der Völkerverständigung gemäß dem Grundgesetz richte.

Ansaar International wurde im Jahr 2012 in Düsseldorf gegründet. Nach außen gibt sich die Organisation als islamische Hilfsorganisation, die sich für Frieden, humanitäre Hilfe und Entwicklungsarbeit einsetzt. In über 50 Ländern ist Ansaar aktiv – besonders im islamisch geprägten Raum. Durch aufwendig produzierte Videos dokumentiert der Verein seine Arbeit in Ländern wie Syrien, Indonesien und im Gazastreifen.

Doch die Behörden beobachten Ansaar schon lange. Im jüngsten Verfassungsschutzbericht in Nordrhein-Westfalen heißt es: „Auch wenn Ansaar öffentliche Veranstaltungen mit bekannten extremistischen Salafisten vermeidet, ist keine Abkehr des Vereins von extremistisch-salafistischen Bestrebungen zu erkennen, da stattdessen intensive Kooperationen mit anderen Personen der extremistisch-salafistischen Szene erfolgen.“

Vereinsführung streitet alles ab

Auf WELT-Anfrage streitet der Verein eine Unterstützung der Hamas ab. „Unsere Projekte im Gazastreifen sind offen und beziehen sich ausschließlich auf Trinkwasser, Elektrizität und Nothilfe“, heißt es in einer Stellungnahme. Die vom Innenministerium suggerierte Verbindung zu Projekten von WWR Help bestreitet Ansaar ebenfalls. Da Ansaar seit Jahren kein Konto mehr bekomme, sei „der WWR so nett“ gewesen und habe „uns eines zur Verfügung gestellt“. Darüber hinaus gebe es keine Projektzusammenarbeit.

In die Ermittlungen gegen Ansaar International ist auch die Steuerfahndungsdienststelle beim nordrhein-westfälischen Landeskriminalamt involviert. „Grund hierfür ist die Aufklärung komplexer, in das Ausland reichender finanzieller Geschäftsbeziehungen“, hieß es aus dem Bundesinnenministerium.

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte 2012 in einem Urteil zu einem anderen Verein, der gegen eine Verbotsverfügung geklagt hatte, geklärt, warum er sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richte. Dies sei der Fall, „wenn er einen der terroristischen Organisation der Hamas zugehörigen Sozialverein im Gazastreifen durch humanitäre Hilfeleistungen über einen langen Zeitraum und in beträchtlichem Umfang unterstützt, ihm die Zugehörigkeit des unterstützten Vereins zur Hamas bekannt ist und er sich mit der Hamas einschließlich der von ihr ausgehenden Gewalttaten identifiziert“.
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