Reaktion auf Schmähgedicht: Böhmermann verklagt Kanzlerin Merkel
Berlin (Welt) - Der deutsche Entertainer Jan Böhmermann geht rund drei Jahre nach der Schmähgedicht-Affäre um den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gerichtlich gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor. Das Berliner Verwaltungsgericht muss entscheiden, ob Merkel ihre kritische Einschätzung zur umstrittenen „Schmähkritik“ Böhmermanns auf Erdogan zurücknehmen muss. Merkel hatte seine Satire als „bewusst verletzend“ bezeichnet.
Wie ein Gerichtssprecher auf Anfrage des „Tagesspiegel" (Dienstagausgabe) bestätigte, werde am 16. April eine entsprechende Unterlassungsklage Böhmermanns gegen das Bundeskanzleramt verhandelt. Sollte die Klage im Hauptpunkt, der Unterlassung, abgewiesen werden, will Böhmermann hilfsweise feststellen lassen, dass Merkels veröffentlichte Bewertung rechtswidrig gewesen sei.
Böhmermann hatte das Gedicht in seiner Sendung „NeoMagazin Royale“ vom 31. März 2016 vorgetragen und damit in der Türkei und in Deutschland heftige Reaktionen ausgelöst. In einem Schreiben an das Kanzleramt, das dem „Tagesspiegel“ vorliegt, warf Böhmermanns Berliner Rechtsanwalt Christian Schertz Kanzlerin Merkel im Herbst 2017 vor, sie habe mit ihrer Kritik an dem Auftritt eine „juristische Bewertung des Werkes meines Mandanten vorgenommen, die einer Vorverurteilung gleichkommt“.
Dieses Verhalten sei rechtswidrig gewesen, da Merkel für eine solche Einordnung nicht zuständig gewesen und damals bereits ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen Böhmermann wegen Beleidigung eingeleitet gewesen sei. Wie zudem nach einer Auskunftsklage des „Tagesspiegel“ gegen das Kanzleramt feststehe, habe sich die Kanzlerin vorab allein über die Internetseite „bild.de“ über das so genannte Schmähgedicht informiert. Dort sei damals jedoch nur ein zusammengeschnittener und stark gekürzter Ausschnitt zu sehen gewesen.