JU-Chef greift Merkel an und erntet Kritik aus eigener Partei
Berlin (Merkur) - Mit seiner Äußerung über eine "Gleichschaltung" in der CDU hat der neue Vorsitzende der Jungen Union (JU), Tilman Kuban, scharfe Kritik aus der Mutterpartei auf sich gezogen. Kuban habe mit dem Begriff "die Politik Merkels mit dem Nationalsozialismus verglichen", sagte der stellvertretende Bundesvorsitzende der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler, dem Handelsblatt. Mit "Gleichschaltung" werde "normalerweise die Machtergreifung der Nationalsozialisten nach 1933 in Zusammenhang gebracht".
Kuban hatte der Zeitung Die Welt zuvor gesagt: "In den letzten Jahren haben sich viele in der CDU nicht mehr wohlgefühlt, weil wir bei unserer Ausrichtung eine Gleichschaltung erlebt haben." Kuban erklärte zudem, vor allem in der Flüchtlingskrise habe die Parteibasis eine andere Politik gewollt. "2015 hat eine schweigende Mehrheit in der CDU den Kurs der Führung nicht mitgetragen. Eine Mitgliederbefragung hätte ein anderes Ergebnis als ein Parteitag gehabt."
Dem widersprach Bäumler. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) habe entschieden, dass die Aufnahme von Flüchtlingen 2015 rechtmäßig gewesen sei. "Wer wie Kuban AfD-Legenden verbreitet, macht Wahlwerbung für die Rechtspopulisten", kritisierte er.
Neuer JU-Chef rudert nach seiner Abrechnung mit Merkel zurück: Wortwahl „unpassend“
Nur wenige Stunden nach der Veröffentlichung des Welt-Interviews mit dem neuen JU-Chef, rudert Tilman Kuban zurück. Weil er von einer „Gleichschaltung“ der CDU unter der langjährigen Vorsitzenden Angela Merkel sprach, wurde Kubanstark kritisiert. Nun bezeichnete er seine Wortwahl selbst als „unpassend“, schrieb er auf Facebook. Er stehe aber weiterhin dazu, dass „andere Meinungen nicht von oben tabuisiert werden dürfen“.
Wehrpflicht, Atomausstieg, Mindestlohn - Kubanwill viele Weichenstellungen korrigieren
Bei der Flüchtlingskrise 2015 habe es eine „schweigende Mehrheit“ in der CDU gegeben, die einen anderen Kurs als Merkel wollte. Daneben seien in der Verteidigungspolitik Fehler gemacht worden: „Ich frage mich schon, ob die Abschaffung der Wehrpflicht, wie sie gelaufen ist, wirklich klug war. Die Ausrüstung unserer Soldaten ist zurzeit nicht so, dass sie im Einsatz sicher wären“, sagte er im Interview mit der Welt.
Auch den Atomausstieg bezeichnet Kuban als Fehler, „weil er nicht in eine europäische Lösung eingebettet wurde“. Es eine „emotionale Entscheidung“ gewesen, obwohl die deutschen Meiler sicher gewesen seien. Er glaubt, dass über das Thema Atomenergie erneut verhandelt werden wird: „Im Rahmen des Kohleausstiegs werden wir auch in Deutschland noch einmal über Kernkraft reden müssen.“
Das Herzensanliegen der SPD in der Großen Koalition, die Einführung des Mindestlohns, bewertet der JU-Vorsitzende ebenfalls kritisch. „Ich bin nie ein Freund des Mindestlohns gewesen. Der Staat soll sich bei der Lohnfindung am besten raushalten.“ Ebenso müssten „alle Rentenentscheidungen der vergangenen Jahre“ auf den Prüfstand.
Es wird deutlich: Kuban will viele Weichenstellungen der Ära Merkel, die der CDU auch neue Wählermilieus der Mitte eröffnet haben, korrigieren. Er fordert ein konservatives Rollback.
JU-Chef ruft CDU-Abgeordnete zum Widerstand gegen Bundeshaushalt auf
Auch am Entwurf des Bundeshaushalts von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hat der Jurist einiges zu bemängeln. Er fordert zum Widerstand gegen den Plan in der CDU/CSU-Fraktion auf. „Wenn der Etat so bleibt, wie er ist, sollten ihm unsere Abgeordneten auf keinen Fall zustimmen“, forderte Kuban.
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