Merkel distanziert sich von Bankenfusion: "So etwas sind privatwirtschaftliche Entscheidungen"
Berlin (Spiegel) - Kanzlerin Angela Merkel will, dass sich die Regierung aus der Entscheidung über eine Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank heraushält. "So etwas sind privatwirtschaftliche Entscheidungen", sagte die CDU-Politikerin. "Ich plädiere sehr dafür, dass die Bundesregierung sich da nicht mit einem Votum einmischt." Sie selber werde definitiv kein Votum abgeben.
Deutsche Bank und Commerzbank hatten am Sonntag den Beginn formeller Fusionsverhandlungen bestätigt. Merkel äußerte sich auch zu diesem Vorgang betont neutral.
Nur die privatwirtschaftlichen Akteure selbst könnten über alle mit einer Fusion verbundenen "Herausforderungen, Chancen und Risiken" entscheiden. "Das können und müssen die Akteure selbst bewerten", fuhr die Kanzlerin fort. Die Bundesregierung komme erst nach einer Entscheidung der Banken ins Spiel, weil der Bund einen Anteil von 15 Prozent an der Commerzbank hält.
Merkels offizielles Bemühen um Neutralität steht im Kontrast zum Verhalten ihres Finanzministers in den vergangenen Monaten. Olaf Scholz (SPD) hatte bereits im vergangenen Jahr öffentlich Sympathien für einen "nationalen Champion" im Bankensektor gezeigt.
Scholz und sein Staatssekretär Jörg Kukies, der frühere Co-Deutschland-Chef der US-Investmentbank Goldman Sachs, haben laut Insidern zudem Gespräche zur möglichen Fusion eingefädelt. Offiziell berufen sich beide aber ebenfalls darauf, dass ein möglicher Zusammenschluss alleinige Sache der beiden Institute wäre.
Wirtschaftsweise lehnen Großbanken-Fusion ab
Die Wirtschaftsweisen sehen einen möglichen Zusammenschluss von Deutscher Bank und Commerzbank indes äußerst kritisch. "Ich würde massiv davon abraten, jetzt noch einen größeren nationalen Champion zu schaffen", sagte die Bankenexpertin Isabel Schnabel bei der Vorstellung der neuen Konjunkturprognose. Es sei nicht sicher, ob eine Fusion betriebswirtschaftlich sinnvoll wäre.
Lars Feld, Schnabels Kollege im Sachverständigenrat, warnte davor, dass eine noch größere Bank wohl eine implizite Garantie hätte, in jedweder Lage vom Staat gerettet zu werden: "Vor allem das Problem 'too big to fail' sticht uns ins Auge", sagte er. "Das halte ich für den falschen Weg."
Das neue Gremiumsmitglied Achim Truger, der eher als gewerkschaftsnah gilt, betonte ebenfalls: "Ich stehe dieser Fusion auch skeptisch gegenüber."
Aus Sicht der Deutschen Bundesbank ist bei der Fusion ein tragfähiges und nachhaltiges Geschäftsmodell entscheidend. Die Aufsicht werde daher die Annahmen der Geschäftspläne gründlich analysieren, sagte Bundesbank-Vorstandsmitglied Joachim Wuermeling. "Hier gibt es keinen Bonus, hier gibt es keinen Malus, und Champion ist keine aufsichtsrechtliche Kategorie."