Macron-Regierung droht mit Verbot der Demonstrationen von "Gelbwesten"
Berlin (Welt) - Die Kameras der Fernsehsender konnten nur ratlose Gesichter und bedrücktes Schweigen einfangen, als sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am späten Montagvormittag zusammen mit seinen Ministern für Inneres und Justiz, mit Premierminister Edouard Philippe und wenigen Beratern im „grünen Salon“ des Élysée-Palastes zu einer Krisensitzung zurückgezogen hat.
Was knapp zwei Stunden später als Ergebnis dieses Gesprächs an die Öffentlichkeit drang, ist eine erschütternd hilflose Reaktion auf die gewalttätigen Ausschreitungen vom vergangenen Wochenende. „Die einzig mögliche Antwort ist eine der Sicherheit“, so habe Macron nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP in der kleinen Runde der Krisensitzung gesagt.
Erst am Spätnachmittag kündigte Regierungschef Philippe an, zukünftig Demonstrationen zu verbieten, vor allem in bestimmten Bezirken von Paris, Bordeaux und Toulouse. Diese Maßnahme soll bereits am nächsten Wochenende in Kraft treten. „Wir werden unsere Doktrin des Erhalts der öffentlichen Ordnung strenger gestalten“, sagte Philippe. Außerdem kündigte er den Rücktritt des Polizeipräfekten von Paris an, der bereits am Mittwoch vom derzeitigen Präfekten der Region Aquitaine abgelöst werden wird.
„Da waren Spezialisten des Chaos unterwegs“
Macron und seine Regierung waren extrem unter Druck geraten, nachdem im Zuge der 18. Gelbwestendemonstration in Folge am Samstag etwa 90 Geschäfte auf den Pariser Champs-Élysées zerstört und teilweise geplündert wurden, ein Gebäude in Brand gesteckt und ein Kiosk abgefackelt worden ist. Bei den Szenen einer Art Stadtguerilla haben sich Gelbe Westen und Schwarzer Block bis zur Unkenntlichkeit miteinander vermischt. Macron sprach von einem „harten Kern von Extremisten“, mit denen der „Dialog unmöglich“ sei.
Sie werden von der französischen Regierung auf 40.000 bis 50.000 geschätzt. Macron sei „fest entschlossen“, zukünftige Ausschreitungen zu verhindern, hieß es weiter aus dem Umfeld des Präsidenten. Keine Spur von „starken Entscheidungen, von „neuen Lösungen“, die der Präsident noch am Wochenende angekündigt hatte, nachdem er sein Skiwochenende in den Pyrenäen abbrechen musste.
Macron und Merkel verkörpern die Unheil bringenden Rezepte
Nicht nur die Opposition hatte sich mehr von dieser Krisensitzung versprochen, nachdem Premierminister Edouard Philippe bereits am Wochenende Fehler eingestanden hatte. Denn einzelne Demonstrationsverbote werden die Probleme womöglich nur verschieben. Das neue Anti-Randalierer-Gesetz liegt derweil noch beim Verfassungsrat, der darüber entscheiden muss, ob die Verschärfung des Demonstrationsrechts eine „Einschränkung der Bürgerrechte“ bedeute. Regierungschef Philippe begründete das Versagen der Polizei auch damit, dass am Samstag weniger Hartgummigeschosse zum Einsatz gekommen sind, für deren unkontrollierten Einsatz Frankreich sogar von den Vereinten Nationen kritisiert worden war. All das hat nicht zur Klärung einer Strategie beigetragen.
Wie die Kulisse eines Katastrophenfilms
Ein Gewerkschafter der Polizei hat am Montag den „Mangel jedweder Vision“ kritisiert. „Da waren Spezialisten des Chaos unterwegs, die sehr beweglich und gut im Straßenkampf trainiert sind“, sagte Grégory Joron, dem Fernsehsender BFMTV.
Statt einer überfälligen Strategie prägt sich jetzt vor allem die unglückliche Gleichzeitigkeit der Bilder ein: Während Macron am Samstag über die sonnigen Skipisten wedelte, standen Teile der Champs-Élysées in Flammen. Zwei Tage später erinnert die angeblich „schönste Avenue der Welt“, wie die Franzosen die teuerste Einkaufsmeile des Landes stolz nennen, immer noch an einen Kriegsschauplatz: Eingeschlagene Schaufenster sind notdürftig mit Holzplatten vernagelt. Die Überreste des abgefackelten Zeitungskiosks stehen da wie ein trauriges Mahnmal der Unfähigkeit der Behörden, das Schlimmste zu verhindern. Die zertrümmerte Terrasse und die roten Markisen des legendären Restaurants „Fouquet’s“ ähnelt der Kulisse für einen Katastrophenfilm.
Beunruhigen muss die Regierung vor allem die besiegelte Allianz zwischen Vertretern des Schwarzen Blocks, die teilweise aus Deutschland, Italien und Belgien eingereist sein sollen, und den traditionellen Gelbwesten, die in den quasi professionellen Randalierern inzwischen ihre Alliierten sehen. Nicht zuletzt auch, weil Macron nach Demonstrationen im Herbst erst eingeknickt ist, als es am 1. Dezember zu gewaltigen Ausschreitungen kam. Erst nachdem ein Symbol wie der Pariser Triumphbogen geschändet worden war, ging der Präsident auf die Proteste ein und stellte zehn Milliarden zur Verfügung.
Zwischenzeitlich war es Macron durch die Organisation einer großen Nationaldebatte mit zahllosen Diskussionsveranstaltungen und 1,6 Millionen Beiträgen auf einer Webseite gelungen, wieder die Kontrolle über die soziale Krise zu erlangen. Sogar in den Meinungsumfragen ging es mit seinen Beliebtheitswerten wieder bergauf.
Kann Macron die soziale Wut stillen?
Aber diese Bemühungen fruchten ganz offensichtlich nur bei einem anderen Teil der Bevölkerung, nicht beim Kern der Gelbwesten, die zu unteren Mittelklasse gehören. Die Zahl der Gelbwesten, die am Anfang der Bewegung rund 280.000 Menschen mobilisierte, mag auf ein Zehntel davon zusammengeschrumpft sein, aber die Gewalt ist nicht weniger gewor