Herausgegeben vom CEMO Centre - Paris
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So reagierte Angela Merkel auf die Fragen der Bremerhavener

Dienstag 19.März.2019 - 05:23
Die Referenz
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Berlin –(Welt) - 95 Minuten, 60 Gäste und die Kanzlerin: Zum Bürgerdialog kam Angela Merkel (CDU) diesmal nach Bremerhaven. Sie stellte sich 22 Fragen aus dem Publikum. Europa, Rente, Klima, Pflege, Umwelt und Bürokratie waren Stichworte und auch die Frage „Wann sind Sie glücklich?“ ließ die Regierungschefin nicht unbeantwortet. Applaus bekam Merkel für ihr Bekenntnis zur Demokratie, die immer aus Kompromissen bestehe und Minderheiten Schutz gewähre.

 

Das Publikum war bunt gemischt, die Jüngste 7, die Älteste 74 Jahre. Auf den Rängen im Rundkreis saßen etwa gleich viele Frauen und Männer. Schüler, Rentner, ein Landwirt, Lehrer oder Hartz-IV-Empfänger waren ins Veranstaltungszentrum Fischbahnhof gekommen. Alle waren unabhängig vom Bundeskanzleramt oder Bundespresseamt ausgewählt worden. Das war Aufgabe der in Bremerhaven erscheinenden „Nordsee-Zeitung“, der Hochschule Bremerhaven und der zuständigen Handelskammer.

 

„Fragen Sie spontan, was Ihnen auf dem Herzen liegt“, ermunterte der Moderator und Chefredakteur der „Nordsee-Zeitung“, Christoph Linne, die Gäste kurz vor dem Eintreffen Merkels.

 

„Das ist eine gefährliche Tendenz“

 

„Die Themenvielfalt ist groß: Es geht mal ums große Ganze, oder das kleine Detail“, so das Bundeskanzleramt zum Bürgerdialog-Format. Das große Ganze war einige Stunden zuvor in Berlin beim Mittagessen Merkels mit EU-Ratspräsident Donald Tusk Thema. Aber auch in Bremerhaven. Dort machte sich einer der Fragesteller Sorgen um den Zustand der Demokratie und der EU, die auch Merkel teilte: Weltweit und in der EU gebe es die Tendenz, zu fragen, ob es noch gut sei, zusammenzuarbeiten oder ob man sich alleine besserstelle, sagte sie. „Das ist eine gefährliche Tendenz.“

 

Wenn Demokratie so verstanden werde, wie es in einigen Ländern der Fall sei, „dass, wenn ich einmal die Mehrheit habe, tue ich alles, damit ich die immer behalte – das ist mit Sicherheit nicht Demokratie“. Den in Ungarn autokratisch regierenden Viktor Orban erwähnte sie dabei nicht ausdrücklich. Auch die Klimapolitik, das Verhalten Deutschlands gegenüber Entwicklungsländern oder das Abwandern deutscher Firmen ins Ausland zählten eher zum „großen Ganzen“.

 

Die meisten Teilnehmer interessierten aber Themen im Inland wie Gesundheit, Rente, Pflege, Krankenhäuser und Hartz IV. Merkel hatte kurz zuvor einen Zwischenstopp bei der Arbeitsagentur in Bremerhaven gemacht. Die rund 115.000 Einwohner zählende Seestadt Bremerhaven – Teil des Bundeslandes Bremen – leidet unter hoher Arbeitslosigkeit. Über 12 Prozent der Menschen waren im Schnitt 2018 ohne Job. Aber: 2005 waren es mit rund 25 Prozent schon mal doppelt so viele.

 

Wie es mit Hartz IV weitergehe, wollte eine 39 Jahre alte Jobcenter-Mitarbeiterin aus Cuxhaven wissen. „Im Grundsatz hat sich Hartz IV bewährt“, sagte Merkel, auch wenn der Begriff etwas „verhetzt“ sei. Sie stellte sich auch hinter das Grundprinzip des Förderns und Forderns. Leuten unter 25 Jahren zu sagen, sie müssten nicht mehr mit Sanktionen rechnen, wenn sie den Aufforderungen der Jobcenter nicht nachkämen, halte sie für falsch.

 

Dann wird Merkel nach ihrem Glück gefragt

 

An Redebedarf mangelte es am Montag jedenfalls nicht. „Wann sind Sie glücklich?“, wollte die letzte Fragestellerin wissen. „Wenn meine Familie und ich gesund sind. Das ist etwas, was wir nicht in der Hand haben, und über das man sich jeden Morgen freuen kann.“ Mächtig gefreut habe sie sich auch über die Momente, in denen sie zur Kanzlerin gewählt worden sei. „Ein erhebender Moment“, sagte die seit 2005 amtierende Merkel. Dieser Moment wird sich wohl nicht noch einmal wiederholen, denn Merkel wird nicht mehr als Kanzlerkandidatin antreten.

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