FDP ist bereit, AKK bei einem Regierungswechsel zur Kanzlerin zu wählen
Berlin (Spiegel) - Die FDP setzt weiter Nadelstiche gegen die Große Koalition - und plant offenbar bereits für eine eigene Beteiligung an einer möglichen neuen Regierung, sollte das aktuelle Bündnis aus CDU/CSU und SPD scheitern.
FDP-Parteichef Christian Lindner erklärte im "Tagesspiegel", seine Partei könnte CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer bei einem Regierungswechsel zur Kanzlerin wählen. Er gehe aber davon aus, dass die Große Koalition bis 2021 halten werde.
Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, verwies auf das Parteiprojekt "Ready for Government" (Bereit für die Regierung) und sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Wir sind dadurch zu jedem Zeitpunkt in der Lage, Verhandlungen über eine Regierungsbildung führen zu können. Da geht es darum, sich zu überlegen: Was kann man erreichen, wenn von einer Legislaturperiode noch ein Jahr für effektives Regieren übrigbleibt? Was ist bezahlbar? Was davon ist wichtiger als anderes?"
Sollte die große Koalition zerbrechen, etwaweil die SPD durch schlechte Ergebnisse bei den Europa- oder Landtagswahlen in diesem Jahr unter Druck gerät, könnte die Union schon früher neue Koalitionspartner brauchen. Angesichts der aktuellen Sitzverteilung im Bundestag wäre nur ein erneuter Anlauf für ein Jamaika-Bündnis denkbar. Falls es zu vorzeitigen Neuwahlen käme, wäre auch eine Mehrheit für Schwarz-Grün vorstellbar.
AKK spekuliert über vorgezogene Zwischenbilanz
Auch die CDU-Vorsitzende Kramp-Karrenbauer äußerte sich zuletzt zum weiteren Kurs der wenig beliebten Koalition, die gerade ihren ersten Geburtstags feiern durfte. Der "Rheinischen Post" sagte sie, sie spekuliere nicht über einen Bruch der Koalition, sondern bemühe sich um deren Erfolg.
Zugleich schlug sie aber vor, die Halbzeitbilanz der Koalitionsarbeit vorzuziehen, falls die Wirtschaftslage dies erfordere. "Mit Blick auf die sich eintrübende Konjunktur und die Haushaltslage wird es dabei auch um die Frage gehen, ob der Koalitionsvertrag darauf die richtigen Antworten gibt."
In der sogenannten Revisionsklausel des Koalitionsvertrags haben Union und SPD vereinbart, zur Halbzeit der Legislaturperiode eine Zwischenbilanz ihrer Arbeit zu ziehen. Eigentlich stünde die Überprüfung erst im Herbst an. "Wenn sich die Lage zuspitzt, kann es sein, dass wir schon im Sommer andere Antworten benötigen", sagte Kramp-Karrenbauer nun.
Die Unzufriedenheit mit der Kanzlerin
Der Druck auf Angela Merkel war zuletzt gewachsen, immer wieder gibt es Spekulationen, ob sie möglicherweise früher als 2021 aus dem Kanzleramt ausziehen könnte. Neben der generellen Unzufriedenheit mit der Arbeit der Großen Koalition gibt es auch immer lautere Kritik an der Kanzlerin aus den eigenen Reihen. So drängt die konservative Werteunion auf ihren raschen Rücktritt. Die Gruppe geht auch von einem baldigen Bruch der Koalition aus.
Am Samstag war zudem mit dem niedersächsischen Juristen Tilman Kuban ein neuer Vorsitzender der Jungen Union gewählt worden, der Merkel in der Vergangenheit wegen ihrer Flüchtlingspolitik scharf angegangen war. (Lesen Sie hier, warum Merkel aber durchaus länger bleiben könnte, als viele glauben.)