Merkel reagiert auf Huawei-Drohung der USA
Berlin (Tagesspiegel) - Nach der Drohung der USA mit Konsequenzen bei einer Beteiligung des chinesischen Huawei-Konzerns am 5G-Ausbau in Deutschland hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Souveränität Deutschlands bei der Definition von Sicherheitsstandards betont. Sicherheit im digitalen Bereich sei "ein sehr hohes Gut", sagte Merkel am Dienstag in Berlin. "Deshalb definieren wir für uns unsere Standards."
"Wir werden natürlich über diese Fragen mit unseren Partnern sowohl in Europa als auch mit den entsprechenden Stellen in den Vereinigten Staaten von Amerika sprechen", fügte Merkel nach einem Treffen mit dem belgischen Premierminister Charles Michel hinzu. Der belgische Regierungschef sagte, es dürfe "keine feindseligen Akte gegen die geo- und sicherheitspolitischen Interessen Europas" geben.
Die US-Regierung hatte am Montag in der Debatte über eine Huawei-Beteiligung beim Aufbau des neuen Mobilfunkstandards 5G der Bundesregierung mit Einschränkungen in der Geheimdienstzusammenarbeit gedroht. Sollte Berlin auf "unzuverlässige" Partner setzen, könne dies "in Zukunft die reibungslose Zusammenarbeit und den Austausch einiger Informationen gefährden", hieß es aus der US-Botschaft in Berlin.
Die USA befürchten Spionage- und Sabotageaktivitäten durch Huawei. Angeheizt werden solche Befürchtungen durch ein chinesisches Gesetz, das Unternehmen zur Zusammenarbeit mit Peking verpflichtet, wenn es um die nationale Sicherheit geht.
In Deutschland soll der chinesische Netzausrüster allerdings nicht von vornherein vom 5G-Aufbau ausgeschlossen werden, wie Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am vergangenen Donnerstag sagte. Allerdings müsse im Interesse des Datenschutzes gewährleistet sein, "dass jedes Produkt, das eingebaut wird, aus den USA, aus Europa und aus China, auch sicher ist und dass dadurch nicht unerlaubte Dinge geschehen, die bei uns in Deutschland strafbar wären".
Huawei gehört zu den weltweit führenden Telekommunikationsausrüstern, unter anderem für den Aufbau von 5G-Mobilfunknetzen. Der neue Standard soll den Weg für eine Reihe von Zukunftstechnologien ebnen.
Der Konzern verwahrte sich am Dienstag gegen eine politische Einmischung durch die USA. "Meiner Meinung nach sollte ein Land nicht seine politische Macht einsetzen, um einem kommerziellen Unternehmen zu schaden", sagte Westeuropa-Chef und Vorstandsmitglied Vincent Pang dem "Handelsblatt". (AFP)
Alt-Kanzler Schröder empört über „unverfrorene“ US-Drohung
Empört reagierte auch Alt-Kanzler Gerhard Schröder. Der ehemalige SPD-Politiker kritisierte: „Das ist eine so unverfrorene Erpressung“, sagte der SPD-Politiker am Dienstagabend bei einer „Handelsblatt“-Veranstaltung in Berlin. Die Drohung aus Washington bedeute: „Weil ihr nicht pariert, sagen wir es euch nicht.“ Die US-Regierung erwarte aus rein wirtschaftspolitischen Gründen, dass sich Deutschland an ihre Seite begebe.