SPD gegen AKK: „Wir würden bei einem Wechsel Amok laufen“
Im Streit über die Zukunft der Bundesregierung stellt der einflussreiche SPD-Abgeordnete Johannes Kahrs klar, dass ein Rücktritt von Kanzlerin Angela Merkel aus SPD-Sicht zwingend eine Neuwahl des Bundestags nach sich zöge. Die SPD-Fraktion würde die neue CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer nicht einfach zur neuen Kanzlerin wählen, sagte der Sprecher des Seeheimer Kreises, des konservativen Flügels innerhalb der SPD, der „Passauer Neuen Presse“. Zur Begründung sagte er: „Die Menschen haben bei der letzten Bundestagswahl Angela Merkel gewählt, aber nicht die CDU.“
Im übrigen habe er nicht den Eindruck, dass Merkel amtsmüde sei. „Ganz im Gegenteil, seit sie die Last des CDU-Vorsitzes abgestreift hat, macht sie die Politik, die sie für richtig hält, wenn wir nur an ihre zustimmende Äußerung zum Klimastreik der Schülerinnen und Schüler denken.“ Eine neue Regierungsspitze gäbe es für die SPD nur, wenn Merkel zurückträte. „Das aber bedeutet Neuwahlen. Nicht nur wir Seeheimer würden bei einem Wechsel Amok laufen, sagte er.
„Von Aufbruch ist da wenig zu spüren“
Zu Kramp-Karrenbauers gesellschaftspolitischen Positionen sagte der lesben- und schwulenpolitische Sprecher der SPD, er habe da von Kramp-Karrenbauer nicht nur im Karneval „Unsägliches“ gehört. „Dabei geht es um mehr als Patzer. Von Aufbruch ist da wenig zu spüren.“ Kurz vor dem Jahrestag der neuen schwarz-roten Koalition war am Wochenende in Teilen von Union und SPD ein Streit über die Zukunft der Regierung Merkel ausgebrochen. Die Werte-Union, eine besonders konservative Gruppe von Unionspolitikern, brachte am Freitag einen baldigen Wechsel im Kanzleramt ins Gespräch. Mehrere SPD-Politiker schlossen für den Fall eines vorzeitigen Rückzugs Merkels aus, dass ihre Partei Kramp-Karrenbauer zur Kanzlerin wählen könnte.
Der CDU-Innenpolitiker Christoph de Vries riet der SPD davon ab, eine Debatte über ein vorzeitiges Ende der Koalition anzuzetteln. „Ich möchte die SPD daran
erinnern, dass sie einen Koalitionsvertrag mit zwei Parteien geschlossen hat und nicht mit der Kanzlerin“, sagte der Hamburger Bundestagsabgeordnete der Deutschen Presse-Agentur. De Vries warf der SPD vor, sie habe eine „abstrakte Debatte“ losgetreten – schließlich habe Merkel erklärt, dass sie bis zum Ende der Legislaturperiode als Bundeskanzlerin zur Verfügung stehen wolle.
Der ehemalige SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel sagte hingegen, er rechne damit, dass Merkel noch im Laufe der Legislaturperiode ihr Amt an Kramp-Karrenbauer abgeben werde. „Ich persönlich glaube nicht, dass Angela Merkel so dumm ist, Annegret Kramp-Karrenbauer zweieinhalb Jahre wie so einen Pudel neben sich herlaufen zu lassen“, sagte Gabriel der „Augsburger Allgemeinen“ vom Samstag.
Weiter sagte Gabriel, Merkel habe große Vorzüge wie viel Humor und dass sie ihr Amt nicht wie eine Monstranz vor sich hertrage; das habe der Politik gutgetan. „Aber jetzt leben wir in einer Phase, in der sich die Menschen wieder mehr
Führung wünschen“, sagte er. „Sie empfinden es als nicht ausreichend, wenn die ganze Welt kopfsteht und keiner in der Politik mal sagt: Übrigens, wir wollen da lang, um da durchzukommen.“